5.1896 - der Landesbibliothek Oldenburg

Gerhard Anton von Halem.
mit den geschriebenen Zeitungen theologisch-politischen Inhalts dergleichen,
wie sie im Reformntionszeitnlter Melcmchthon von Wittenberg,
Johann Sturm von Straßbnrg aus an religionsverwandte
Fürsten fast gewerbsmäßig zu versenden pflegten. Durch Halems
Vermittlung wurde nach seiner Rückkehr auch Herzog Peter ein Abnehmer
der damals von Meister geleiteten Korrespondenz, die zweimal
monatlich im Umfange von je 3—5 Blatt in Quarto geliefert
wurde. Aus einer dieser »ach Oldenburg geschickten Zeitungen hat
neuerdings Flammermont den interessanten Bericht von L.-G. Pitra
über die Erstürmung der Bastille nach der jetzt im Großh. Hansnnd
Centralarchiv beruhenden Handschrift herausgegeben.^)
Es kann natürlich nicht meine Aufgabe sein, an dieser Stelle
eine Charakteristik oder eine Inhaltsangabe dieser Halemschen Briefe
zu geben. Mau wird sie selbst lesen müssen und man wird sie mit
größerem Interesse in der gewaudteu Chuqnetschen Übersetzung lesen,
die in zahlreichen Noteu mit anerkennenswerter Sorgsalt alle
quellenkritisch notwendigen Nachweise beibringt. Halems Buch ist
im Augenblicke seines Erscheinens wenig beachtet worden, weil es
damals von dem Sturmschritt der Ereignisse in Paris schon längst
wieder überholt war. Heute steht es damit anders. Nach dein sachverständigen
Urteil Chuquets. dem man darin das Wort lassen muß,
') La journee du 14. juillet 1789. Fragment des memoires inedits
de L.-0. Pitra, public par I. Flammermont, Paris 1802 (Societe de l'histoire
de la Revolution franyaise). ft. gelangt allerdings aus sachlichen Gründen zn
der zutreffenden Vermutung, das; der Oldenburger Quartband aus der Grintnv
Meisterschen Korrespondenz stammen dürste. Tie formelle Bestätigung dieser Thatjache
hätte er in dem Briefwechsel von Meister und Halem (Stmeferjan 2, 115.
119. 123. 143. 145. 155. 1G4) finden können. Taraus geht hervor, daß Halem
bald nach seiner Rückkehr diese Korrespondenz im Austrage des Herzogs bei
Meister bestellte. Aus dieser Beziehung des Herzogs zu Halem ergiebt sich übrigens
weiter, daß die damals in Oldenburg umhergetragene boshafte Anekdote (auch
bei Jansen und Chuquet erwähnt), der Herzog habe Halen, beim ersten Ein-
pfange absichtlich kühl nur nach dem Zustande der französischen Landstraßen gefragt,
nichts als erlogener Klatsch sein kann: der Herzog muß sich vielmehr
eingehend von Halem über seine Pariser Erlebnisse haben berichten lassen. Übrigens
ist die Oldenbnrger Handschrist bereits von Tycho Mommsen (Progr. d. höhen»
Bürgerschule in £ Idenburg 1861) eingehend besprochen, doch ohne daß auch hier
Verfasser und Ursprung ermittelt wären.
Juhrb. f. Clfccitb. Gesch. V. y