5.1896 - der Landesbibliothek Oldenburg
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130 Mutzenbecher.<br />
Jahren meines Hierseins dauerte diese Untersuchung sechs und mehr Stunden,<br />
so das; wir noch den Nachmittag zu Hülse nehmen mußten und kaum fertig<br />
waren, wenn wir schon zn <strong>der</strong> folgenden Gemeine abfahren sollten. Jetzt, da<br />
es nicht leicht ober vielmehr gar keine Gemeine giebt, wo die Einrichtung ganz<br />
schlecht wäre, wo sich vielmehr die sämtlichen Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Direktionen bis<br />
zur Bewun<strong>der</strong>ung in den Geist <strong>der</strong> Anstalt vortrefflich hineinstudiert haben,<br />
ist diese Untersuchung in l l /„ bis 2 Stunden geendigt.<br />
Nun folgt wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> große Eßaktus (v. supra mut. nmt.), doch etwa»<br />
weniger solenn als gestern. Der beste Schinken, dcu das Haus vermag, ist<br />
hellte das feststehende Hauptgericht, hier und da etwa einen Neoterifer ausgenommen.<br />
<strong>der</strong> schon am ersten Tage dieses Gericht verwegen antizipiert. Nach<br />
Tische werden die Kinlien Inventarien und die abgefaßten Dekrete u. f. w. unterschrieben.<br />
Schon längst ober warten die Pferde auf uns, die uns zur beuach-<br />
Karten Gemeine bringen. Der Herr Pastor cum suis wünscht uns von ganzem<br />
Herzen eine glückliche Reise, ein Wunsch, dessen ganzer Herzlichkeit ich, beiläufig<br />
gesagt, die magische Kraft zuschreibe, daß wir bisher so mancher größerer ober<br />
kleinerer (tiefnhr entgingen, in bie uns bie Ungeschicklichkeit vieler von unsern<br />
Führern brachte. Wir fahren eine Stnnbe weiter. Schon hören ivir bas<br />
Geläute des nahen Kirchspiels, nnd hier beginnen wir dieselbe Szene morgen<br />
und übermorgen wie<strong>der</strong>, bie wir heute unb gestern spielten. Hub so geht es<br />
4, auch 5 bis ü Wochen ununterbrochen mit wenig Nuancen bes bessern zum<br />
schlechtem ober des schlechter» zum bessern fort, bis endlich bie letzte Visitation<br />
anhebt, bie uns in Olbenburgs Mauern, ober wenn Sie lieber wollen, Clbcn<br />
tutrgs friedfertige Herten — Gott gebe glücklich — zurückbringt.<br />
Was bünkt Ihnen, lieber Herr Vetter? Haben Sie noch Lust, die<br />
ganze Fahrt, wohlverstanden mit allen ihren im Detail Ihnen beschriebenen,<br />
angenehmen Beschäftigungen mitzumachen?<br />
Nur noch zwei Worte, unb meine schon zu lauge Epistel ist geenbigt.<br />
In ben ersten Jahren meines Hierseins, wo ich so oft zu meinem gerechten<br />
Anstoß bas Wortspiel von Kirchen- und Küchen Visitationen hören mußte<br />
— (einmal habe ich es von einem unsrer guten Prebiger beim Ablesen bes<br />
Publifanbum nicht als Wortspiel, son<strong>der</strong>n als lapsus linguae von <strong>der</strong> Kanzel<br />
selbst gehört: „was die anwesenden General-K Üchen visitatoren mit ihnen zu<br />
rebeit haben werben", siuille; glücklicher Weise bemerkten es doch wenige seiner<br />
Zuhörer) — habe ich mir oft ernsthaft bie Frage vorgelegt, ob bas Ganze<br />
nicht eilte bloße unangenehme Formalität fei, bie besser unterbliebe, als geschähe!<br />
Aber je mehr detaillierte Kenntnis von ben Gemeinen, ben P rebigern, ben<br />
Schulmeistern und beut ganzen Lokal ich allmählich dadurch erlangt habe, so<br />
viel fester bin ich jetzt überzeugt, baß bie Visitationen so, wie sie jetzt sind,<br />
allerbings dazu beitragen, gute Ordnung unb seine äußerliche Zucht, auf bie,<br />
wie Sie wissen, unser sei. Luther nicht mit Unrecht viel hielt, in den Gemeinen<br />
zu erhalte» nnd zu för<strong>der</strong>n, und insbeson<strong>der</strong>e manche kleine Zwistigkeit, mit<br />
welcher sonst das Konsistorium zn behelligen wäre und die sich an Ort unb