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Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

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236<br />

wird. 976 Damit aber die Idee wahrer Erkenntnis nicht subjektivistisch eingezogen wird,<br />

entsteht die Notwendigkeit, eine Interpretation als Wahre und Richtige auszeichnen zu<br />

können, d.h. die bisherige Funktion des transzendentalen Subjekts nach Kant muß reformuliert<br />

werden. Diese Reformulierung trägt Apel in seiner Theorie vom Apriori <strong>der</strong><br />

Kommunikationsgemeinschaft vor, die als unbegrenzte und zugleich auch ideale für den<br />

höchsten Punkt <strong>der</strong> Erkenntnis steht. Die Kommunikationsgemeinschaft wird so zum<br />

Träger des klassischen Vernunftsprinzips. 977 "Wer nämlich willkürfreie Rekonstruktion<br />

<strong>der</strong> (praktischen und theoretischen) Vernunft anstrebt - und nicht entscheidungsabhängige<br />

Konstruktion paradigmatischer Fragmente axiomatischer Vernunft -, <strong>der</strong> hat m.E.<br />

allen Grund, mit <strong>der</strong> transzendentalen Besinnung auf das "Faktum <strong>der</strong> Vernunft" zu<br />

beginnen, das in <strong>der</strong> Zugehörigkeit zur Sprachgemeinschaft "immer schon" im Sinne<br />

eines "apriorischen Perfekts" vorausgesetzt werden kann." 978<br />

Dieses Modell eines Wahrheitskriteriums, das Apel vorlegt, verbindet auf metaphysischer<br />

Ebene, in ähnlicher Weise wie das Habermassche Diskursmodell, untrennbar die<br />

durch Kant evozierte Trennung von theoretischer und praktischer Philosophie. Denn<br />

jede Intention auf theoretische sowie auf praktische Erkenntnis gründet einzig in den<br />

normativen Regeln, die ihrerseits in <strong>der</strong> idealen Kommunikationsgemeinschaft konstituiert<br />

werden. Wie Habermas aber, arbeitet Apel hier mit dem Theorem <strong>der</strong> Antizipation,<br />

geht er doch davon aus, "daß die Wahrheitssuche mit <strong>der</strong> Voraussetzung des intersubjektiven<br />

Konsensus auch die Moral einer idealen Kommunikationsgemeinschaft..." 979<br />

antizipieren muß. Im Unterschied zu Habermas begründet Apel aber diese kontrafaktische<br />

Unterstellung dieses normativen Fundaments nicht nur universalpragmatisch, son<strong>der</strong>n<br />

transzendental. Die von Apel gesetzte Kommunikationsgemeinschaft gründet zwar<br />

auf einer thetisch gefaßten ethischen Norm, aber diese Norm hat den unbedingten Status<br />

einer apriorischen Setzung und kann somit im Sinne einer transformierten Transzendentalphilosophie<br />

980 mit einem transzendentalen Charakter ausgewiesen werden.<br />

976Vgl.<br />

Apel, Sprachphilosophie, 285-287; <strong>der</strong>s., Transformation 2, 188-198. "Das Wesentliche<br />

<strong>der</strong> Erkenntnis ist nicht die faktische Reaktion eines innerweltlichen Objekts auf ein an<strong>der</strong>es<br />

(Kategorie "Zweiheit"), son<strong>der</strong>n die Interpretation von etwas als etwas, die sich durch Zeichen<br />

vermitteln muß (Kategorie "Drittheit). Keines <strong>der</strong> Grundelemente <strong>der</strong> dreistelligen Relation darf<br />

fehlen, ohne daß die Möglichkeit <strong>der</strong> Erkenntnisfunktion zerstört wird" (ebd., 188). - Wir werden<br />

später im Zusammenhang <strong>der</strong> analytisch-christlichen Vernunftskonzeption nochmals auf die<br />

Semiotik von Pierce zu sprechen kommen, vgl. unten 7.2.<br />

977<br />

Vgl. <strong>der</strong>s., Transformation 2, 359ff, bes. 415ff.<br />

978<br />

Ebd., 422f.<br />

979<br />

Ebd., 405.<br />

980<br />

Vgl. hierzu <strong>der</strong>s., Transformation 1, 9-76: "Wir haben diese ausgezeichnete Vorstruktur im<br />

vorigen bereits als Apriori <strong>der</strong> Argumentationsgemeinschaft charakterisiert. In ihrer prinzipiellen<br />

Abhängigkeit von <strong>der</strong> nichthintergehbaren, wohl aber rekonstruierbaren Umgangssprache stellt<br />

die unbegrenzte Argumentationsgemeinschaft den Kern und die Voraussetzung eines transzen-

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