22.08.2013 Aufrufe

Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

538<br />

Edens. Nur wo Eden als alle Raum-Wirklichkeit begründen<strong>der</strong> Ort vorausgesetzt wird,<br />

ist Eden als Ort in <strong>der</strong> Wirklichkeit zu suchen und - womöglich - zu finden." 2214 Aus <strong>der</strong><br />

Garten-Eden-Erzählung leitet Marquardt zudem noch einen anthropologischen Aspekt<br />

ab, indem er die menschliche Begrenzt- und Vergänglichkeit zugleich einbettet in des<br />

Menschen Bestimmung, ein lebendiges Wesen durch Gott zu sein: "Zuerst wird uns<br />

gesagt, daß wir zur adama kehren sollen, aus <strong>der</strong> wir genommen sind, und danach wird<br />

uns gesagt, daß wir Staub sind und zum Staub kehren werden. Menschen sind wir: zwischen<br />

Staub und Paradies." 2215 Diese anthropologische Bestimmung aber ist eingebettet<br />

in das Paradies als Raumerfahrung, die wie<strong>der</strong>um "...die wesentliche Erfahrungsform<br />

von biblisch-jüdischem Hoffen überhaupt" 2216 ist. Darum erkennt Marquardt auch im<br />

Paradies als Hoffnungspotential ein Geschehen, das als geschichtliches Ziel <strong>der</strong><br />

Menschheit anheimgestellt bleibt. 2217 Die Wi<strong>der</strong>spiegelung dieses geschichtlichen Ziels<br />

erkennt Marquardt in des Menschen Sehnsucht, Gärten als Orte <strong>der</strong> Harmonie und <strong>der</strong><br />

bejahenden Lebensgestaltung anzulegen. 2218 Dies vorausgesetzt, kritisiert Marquardt<br />

auch die christlich-jüdische Leibfeindlichkeit und das Ideal <strong>der</strong> Schönheitsaskese, wird<br />

doch das Paradies im theologischen Diskurs seiner Meinung nach zu wenig bzw. nur<br />

einseitig gewürdigt und darum die paradiesische Dimension <strong>der</strong> Schönheit und Freude<br />

an <strong>der</strong> Leiblichkeit unterschlagen. 2219 Bei <strong>der</strong> Frage, wie die Urwirklichkeit des Paradieses<br />

als Lebensraum für den Menschen erfahrbar gemacht werden kann, verweist Marquardt<br />

auf das Phänomen des Hörens: "Hören ist <strong>der</strong> einzige Erfahrungszugang, den wir<br />

zu Gott haben, und <strong>der</strong> einzige, den wir zum Gan-Eden haben. Das biblische Paradies<br />

ist auch in dieser Hinsicht keine Traumwirklichkeit unserer Seelen, son<strong>der</strong>n eine uns<br />

nur geschichtlich vermittelte und sich immerdar vermittelnde." 2220 Damit aber zeigt<br />

Marquardt an, daß das Paradies, das uns in <strong>der</strong> Alltagswirklichkeit verloren gegangen,<br />

das zur Erfahrungslosigkeit für den mo<strong>der</strong>nen Menschen geworden ist, nur über die<br />

Brücke des Hörens auf Gottes Wort zur wirklichen Erfahrung werden kann.<br />

Es ist jedoch in Gottes Interesse, uns Menschen vom verlorenen Paradies wissen zu<br />

lassen, damit dieses solcherart zu einer richtungsweisenden <strong>Utopie</strong> wird. 2221 Damit aber<br />

benennt Marquardt ein ambivalentes utopisches Geschehen. Zum einen zeigt das Paradies,<br />

als Verlorenes, an, daß ein Schmerz <strong>der</strong> Transzendenz eine Grundbefindlichkeit<br />

menschlichen Lebens ausmacht. "Denn wenn Eden eine Vorstellung von einem an<strong>der</strong>en<br />

2214Ebd.,<br />

108.<br />

2215<br />

Ebd.<br />

2216<br />

Ebd., 109.<br />

2217<br />

Vgl. ebd.<br />

2218<br />

Vgl. ebd., 109-116.<br />

2219<br />

Vgl. ebd., 115.<br />

2220<br />

Ebd., 117.<br />

2221<br />

Vgl. ebd., 118f.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!