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Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

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eher dazu angetan via Sozialkritik den "eigentlichen Menschen" zu beför<strong>der</strong>n. 1999 Dies<br />

vorausgesetzt, stellt sich die Frage, wie sich utopische und eschatologische Anthropologie<br />

ins Verhältnis setzen lassen.<br />

6.2.1 Das menschliche Eschaton<br />

"Es duldet keinen Zweifel, daß die christliche Eschatologie von anthropologischen<br />

Grundentscheidungen durchzogen ist. Denn alles, was sie über die "Auferstehung <strong>der</strong><br />

Toten", das "jüngste Gericht", das "ewige Leben" und "Gottes Reich" sagt, betrifft<br />

zentral das Geschick des Menschen. ...Nur weil es sich um das Eschaton des Menschen<br />

und seiner Welt handelt, ist es für den christlichen Glauben bis heute <strong>der</strong> Rede wert." 2000<br />

Dieses Wert-Sein aber findet in den neueren Eschatologien seinen Nie<strong>der</strong>schlag in dem<br />

Versuch <strong>der</strong> Reformulierung des neuzeitlichen Menschenbildes, das sich elementar von<br />

dem Gedanken <strong>der</strong> Machbarkeit <strong>der</strong> Geschichte durch den Menschen speist. "Daß jemand<br />

Geschichte macht, ist eine neuzeitliche Wendung... Während es über 2000 Jahre<br />

hinweg zum Bestand <strong>der</strong> mittelmeerisch-abendländischen Kultur gehörte, daß Geschichten<br />

erzählt, aber auch erforscht und aufgeschrieben werden, wurde es erst seit<br />

rund 1780 denkbar, Geschichte machen zu können. Diese Formel indiziert eine mo<strong>der</strong>ne<br />

Erfahrung und mehr noch eine mo<strong>der</strong>ne Erwartung: daß man nämlich zunehmend<br />

fähig sei, Geschichte planen und auch vollstrecken zu können." 2001 Utopisches Denken<br />

bediente sich im zunehmenden Maße dieser aus <strong>der</strong> Aufklärung stammenden Sichtweise<br />

von Geschichte und versuchte via Geschichtsphilosophie die utopischen Konstrukte<br />

plausibel zu machen. 2002 Freilich weist utopisches Denken hier gegenüber <strong>der</strong> Geschichtsphilosophie<br />

einen markanten Unterschied auf: Während diese via normativem<br />

Fortschrittsdenken eine stetige Verbesserung <strong>der</strong> menschheitlichen Lebensverhältnisse<br />

thematisiert, damit aber die Geschichte zu einem Status mit göttlicher Qualität avanciert,<br />

setzen die <strong>Utopie</strong>n den Menschen zum Motor dieser Entwicklung ein: Nicht durch<br />

das gleichsam göttliche Gesetz <strong>der</strong> Geschichte, son<strong>der</strong>n durch des Menschen geschichtsphilosophisch<br />

begründete Fähigkeit zur Optimierung menschlicher Verhältnisse<br />

wird dieser Fortschritt hervorgebracht. Dementsprechend ist dieser utopische Mensch<br />

über allen Zweifeln erhaben: Mittels <strong>der</strong> sich am utopischen Kollektiv als höchste Form<br />

menschlich-gelingen<strong>der</strong> Vergesellschaftung orientierenden utopischen Vernunft, überwindet<br />

er alle dialektischen und ambivalenten Gegebenheiten menschlichen Lebens.<br />

Auf diese Weise erwirkt <strong>der</strong> utopische Mensch ein säkularisiertes menschliches Escha-<br />

1999So mit Hölscher, vgl. ebd.<br />

2000 Krötke, Eschaton, 132.<br />

2001 Koselleck, Zukunft, 262.<br />

2002 Vgl. hierzu oben 2.3.1. - 2.3.3.<br />

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