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Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

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weise diese ihre Bestrafung selbst wählen. 1838 Das Problem des gesellschaftlichen Umgangs<br />

mit dem Bösen wird auf diese Weise entwe<strong>der</strong> relativiert o<strong>der</strong> aber einer Radikallösung<br />

zugeführt, die wie<strong>der</strong>um eine moralisch-elitäre Gesellschaft <strong>der</strong> "Tugendhaften"<br />

vorgibt, also das Problem des Bösen wie<strong>der</strong>um ausklammert;<br />

3. <strong>der</strong> klassische <strong>Utopie</strong>entwurf war in seiner Perfektion in sich selbst ruhend: "Utopia"<br />

war in seiner Wehrhaftigkeit auf alle Aggressionen durch Feinde bestens vorbereitet.<br />

Feministische <strong>Utopie</strong>n hingegen sehen sich in ihrem Bestand stets durch außenpolitische<br />

patriarchal organisierte Feinde als grundlegend bedroht an. Neu gegenüber dem<br />

klassisch-utopischen Denken ist nicht nur die Gefahr einer Zerstörung des idealen Gemeinwesens,<br />

son<strong>der</strong>n auch die je geschlechtsspezifische Bedrohung. "Bestenfalls haben<br />

sie Nicht-Beachtung zu erwarten, Frieden durch Separatismus und Ignoranz des Gegners.<br />

Selten wird die <strong>Utopie</strong> im Lager des Feindes mit Achtung betrachtet; wird sie<br />

dennoch ernstgenommen, so droht ihr Vernichtung. So selbstbewußt sich die Amazone<br />

ihrem Gegner entgegenstellen mag, hinter ihrem Rücken hat ihre geistige Mutter, die<br />

Autorin, sie im Grunde bereits verraten: sie hat ihre <strong>Utopie</strong> einer männlichen Bedrohung<br />

ausgesetzt, die sie langfristig für größer als die Macht ihrer Protagonistinnen hält.<br />

Keiner <strong>der</strong> untersuchten Romane endet mit dem unzweifelhaften Vertrauen auf eine<br />

Zukunft ohne (kriegerische) Auseinan<strong>der</strong>setzungen." 1839 Einzig die Radikalfeministinnen<br />

d´Eaubonne und Russ lassen in ihren <strong>Utopie</strong>n den Kampf <strong>der</strong> Geschlechter zugunsten<br />

<strong>der</strong> Frau ausgehen, indem sie alle Männer vernichten; 1840<br />

4. war die Mehrzahl <strong>der</strong> klassischen <strong>Utopie</strong>autoren von einem instrumentellen Verhältnis<br />

zur Natur im Baconschen Sinne ausgegangen, versuchen die feministischen<br />

<strong>Utopie</strong>n dieses Denken zu überwinden. So gehen diese <strong>Utopie</strong>n von einem Mangelzustand<br />

aus, <strong>der</strong> "...immer einen durch gewaltförmige patriarchale Naturausbeutung an<br />

den Ressourcen entstandenen (ir)reparablen Schaden" 1841 bezeichnet und die Entwicklungsmöglichkeiten<br />

des utopischen Gemeinwesens grundlegend beeinflußt. Diese Naturausbeutung<br />

zu begrenzen und die daraus resultierenden Schäden zu beseitigen, ist<br />

eine <strong>der</strong> wichtigsten Legitimationen des feministisch-utopischen Gemeinwesens. "Eine<br />

akute, historisch überlieferte o<strong>der</strong> im feindlichen Patriarchat allzu sichtbare Mangelsituation<br />

prägt die feministische <strong>Utopie</strong> in ihrem ökonomischen Selbstverständnis.<br />

Grundlegend für ihre Produktionsweise, zentral für ihr Naturverhältnis, bestimmend für<br />

Planung und Arbeitsmotivation, essentiell für ihre Definition des Notwendigen: so<br />

strukturiert <strong>der</strong> Mangel als Symbol (freiwilliger) ökologischer Selbstbeschränkung die<br />

1838Vgl. hierzu unten 4.2.1. Auch Holland-Cunz geht in <strong>Utopie</strong>n, 452, Anm. 47, davon aus, daß<br />

es in feministischen <strong>Utopie</strong>n we<strong>der</strong> Polizei noch Gefängnisse gibt, da Ungewolltes in diesen<br />

Gemeinwesen nicht realisiert werde.<br />

1839 Holland-Cunz, <strong>Utopie</strong>n, 223f.<br />

1840 Vgl. oben 5.2.3., Anm. 1804.<br />

1841 Holland-Cunz, <strong>Utopie</strong>n, 252.<br />

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