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Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

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klein-kollektive (z. B. Wirtschaftskreise) hin zur groß-kollektiven (z.B. eine weltumfassende<br />

Politik) reicht.<br />

So führt <strong>der</strong> Ansatz Jonas´, seine Ethik des Prinzips Verantwortung als politisches<br />

Muster verbindlich einzuführen, in einen circulus vitiosus, in dem Jonas verhaftet<br />

bleibt. Und alle Versuche, das Prinzip Verantwortung als verbindliches Weltethos einzuführen,<br />

aus dem sich per se verbindliche Kriterien zur Gestaltung von Politik, Ökonomie<br />

und Gesellschaft ergeben, bleiben begrifflich unterbestimmt. Und selbst eine<br />

Darstellung und Ausführung solcher Kriterien bleibt Jonas weitgehend schuldig. Nur im<br />

Bereich <strong>der</strong> medizinischen Ethik und ansatzweise im Bereich des Wissenschaftsverständnisses<br />

bietet Jonas solch eine Kriteriologie. 1239 Ansonsten aber findet sich bei<br />

Jonas keine durchdachte Reflexion von strukturellen und gesellschaftspolitischen Konzeptionen<br />

von Politik, die dem Prinzip Verantwortung Konkretionen zur Seite stellen.<br />

1240 So verwun<strong>der</strong>t es auch nicht, daß in Jonas´ Ausführungen die Frage nach einer<br />

juristisch-politischen Instanz, vor <strong>der</strong> die Machtträger Rechenschaft abzulegen haben,<br />

thematisch ausgeklammert wird. Lediglich mit dem philosophischen Theorem des Sittengesetzes<br />

will Jonas diese Instanz benennen, freilich eine Instanz, die als politischer<br />

Faktor keine hinreichende Plausibilität aufweisen kann 1241 , o<strong>der</strong> Jonas führt an an<strong>der</strong>er<br />

Stelle den allerdings terminologisch unterbestimmten Begriff <strong>der</strong> kollektiven Politik als<br />

Verantwortungsinstanz ein. 1242 Darum nimmt es nicht Wun<strong>der</strong>, daß Jonas in eine Engführung<br />

von politischer Entscheidungsrationalität gerät und diese auf das Moment des<br />

Dezisionären und des Machtfaktors zusammenzieht. Das hat zur Folge, daß die durch<br />

Politik betroffenen Menschen nur unter <strong>der</strong> Maxime zu stehen kommen, daß eben eine<br />

Menschheit weiterhin sein müsse. Fragen des Verhältnisses von staatlicher Ordnung<br />

und individueller Freiheit bleiben größtenteils unbeantwortet, und zwar deswegen, weil<br />

Jonas´ Leitgedanke <strong>der</strong> globalen Zukunftssicherung sittlich vorrangig gegenüber den<br />

Fragen nach <strong>der</strong> rechtlich-politischen Gewährleistung dieses Zieles behandelt wird.<br />

Darum kann Jonas´ Denkansatzes des "Prinzips Verantwortung" formal als Katastrophenethik<br />

bezeichnet werden, die aufgrund <strong>der</strong> von ihm konstatierten apokalyptischen<br />

1239 Vgl. ebd., 76ff; 109ff. Zu solchen Kriterien zählt Jonas u.a. die Selbstbeschränkung wissenschaftlichen<br />

Arbeitens in <strong>der</strong> Güterabwägung zwischen malum und bonum; die Anerkennung <strong>der</strong><br />

Unverletzlichkeit <strong>der</strong> Würde des Menschen als medizinisches Objekt; die Dialektik <strong>der</strong> Erhaltung<br />

von gerechten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zur Wahrung <strong>der</strong> Interessen des<br />

Individuums.<br />

1240 So mit Koschut, Strukturen, 376, wenngleich dieser Jonas´ Denkansatz zu einseitig interpretiert,<br />

beispielsweise geht Koschut nicht auf Jonas´ Überlegungen in "Technik, Medizin und<br />

Ethik" ein.<br />

1241 Vgl. Jonas, Technik, 101f; 129f.<br />

1242 Vgl. ebd., 274f.<br />

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