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Friedemann Richert Der endlose Weg der Utopie - Augustana ...

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die er im utopischen Denken nicht erkennt. "Bewußtes Lernen aus unseren Fehlern,<br />

bewußtes Lernen durch dauernde Korrektur ist das Prinzip <strong>der</strong> Einstellung, die ich den<br />

"kritischen Rationalismus" nenne." 1579 Dieses Prinzip läßt sich nach Popper nicht durch<br />

utopisches Denken einlösen, ist doch "...die Idee einer utopischen sozialen Planung<br />

großen Stils ein Irrlicht..., das uns in einen Sumpf lockt. Die Hybris, die uns versuchen<br />

läßt, das Himmelreich auf Erden zu verwirklichen, verführt uns dazu, unsere gute Erde<br />

in eine Hölle zu verwandeln - eine Hölle, wie sie nur Menschen für ihre Mitmenschen<br />

verwirklichen können." 1580 Allein die offene Gesellschaft in Form <strong>der</strong> Demokratie ist<br />

die adäquate politische Haltung, die dem Kritischen Rationalismus entsprechen kann,<br />

ist sie doch nach Popper lernfähig und einer sozialen Stückwerktechnik, einer schrittweisen<br />

Modifikation zum Besseren hin verpflichtet. Demgegenüber tritt Popper an, das<br />

utopisch-kollektivistische Denken, das er vor allem bei Platon und Marx ausmacht,<br />

kritisch zu hinterfragen. 1581 Wichtig in diesem Zusammenhang ist Poppers Verständnis<br />

1579<strong>Der</strong>s., Elend, IX.<br />

1580 Ebd., VIII.<br />

1581 Auch Hegel wird hier von Popper verhandelt. Für ihn gilt Hegel als einer <strong>der</strong> <strong>Weg</strong>bereiter<br />

<strong>der</strong> historizistischen Methode, <strong>der</strong> nach Popper im Gefolge von Aristoteles' Essentialismus den<br />

Historizismus als falsche Prophetie verkündet hatte. Diese Lehre führt nach Popper erstens<br />

"...zur Anbetung <strong>der</strong> Geschichte und ihrer Erhebung zum großen Theater <strong>der</strong> Wirklichkeit, sowie<br />

zum Weltgerichtshof...(Popper, Gesellschaft 2, 13). Zweitens aber "...zur historizistischen Idee<br />

eines geschichtlichen Fatums o<strong>der</strong> eines unentrinnbaren wesenhaften Geschicks" (ebd.). Drittens<br />

dann zu dem Verständnis, daß sich die geschichtliche Essenz in <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung entfalten müsse<br />

(vgl. ebd., 14). Popper bezeichnet diese Sichtweise von Geschichte als orakelnde Philosophie<br />

(vgl. ebd., 15). Sodann charakterisiert Popper Hegels Philosophie als "...die Renaissance <strong>der</strong><br />

Ideologie <strong>der</strong> Horde. Die historische Bedeutung Hegels wird aus dem Umstand klar, daß er<br />

gleichsam das "Bindeglied" ("missing link") ist zwischen Platon und den mo<strong>der</strong>nen Formen des<br />

totalitären Gedankenguts" (ebd., 39). Nach Popper lehrte Hegel in seiner Geschichtsphilosophie<br />

einen radikalen Kollektivismus, den Hegel im Gefolge Platons und des Preußenkönigs Friedrich<br />

Wilhelm III entwickelte. "Ihre Lehre ist, daß <strong>der</strong> Staat alles ist und das Individuum nichts; denn<br />

er verdankt dem Staate alles, seine physische sowie auch seine geistige Existenz" (ebd., 40).<br />

Aufgrund von Hegels System <strong>der</strong> dialektischen Interpretation von Geschichte kommt dieser zu<br />

einem unbedingten normativen Fortschrittsgeschehen in <strong>der</strong> Geschichte, ein Gedanke, <strong>der</strong> von<br />

Popper als Dogmatismus gebrandmarkt wird (vgl. ebd., 49). Dementsprechend kritisiert Popper<br />

Hegel als Totalitaristen (vgl. ebd., 56f, 62f), <strong>der</strong> ein erklärter Feind <strong>der</strong> offenen Gesellschaft war<br />

(vgl. ebd., 69f, 88) und zudem einer <strong>der</strong> <strong>Weg</strong>bereiter des Faschismus gewesen sei (vgl. ebd.,<br />

74f). Dies vorausgesetzt, kommt Popper zu einem vernichtenden Urteil über Hegel : "Es gibt<br />

nichts in Hegels Schriften, das vor ihm nicht besser gesagt worden wäre. Es ist nichts in seiner<br />

apologetischen Methode, das er nicht von seinen apologetischen Vorläufern erborgt hätte" (ebd.,<br />

40). - Dieser kurze Überblick von Poppers Kritik an Hegel mag genügen, da Hegel selbst von<br />

Popper nicht des Utopismus geziehen wird, son<strong>der</strong>n als einer dessen <strong>Weg</strong>bereiter. Vgl. außerdem<br />

zu Hegel oben 2.3.1. und 2.3.3.<br />

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