Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
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110 Klaus-Dieter Herbst<br />
Aus der geschilderten Quellenlage (Reinbeck 1710, Ranßleben 1710, Stübel<br />
1713) kann nach Ansicht des Verfassers nicht zweifelsfrei entschieden<br />
werden, ob Kirch tatsächlich Astronomie bei <strong>Weigel</strong> studierte 21 . Denn was<br />
spricht gegen die Auffassung, daß Kirch zwar <strong>Weigel</strong> in Jena aufsuchte,<br />
diese erste persönliche Bekanntschaft aber eher unter dem Aspekt eines Erfahrungsaustausches<br />
zweier Fachleute zu bewerten ist? Daß dies nicht abwegig<br />
ist, kann aus dem Umstand angenommen werden, daß Kirch bereits<br />
um 1665 als ein Kalenderschreiber bekannt war, der „immer gesuchet / viel<br />
warhafftige Astronomische Sachen hinein zu bringen“ 22 . Den nötigen astronomischen<br />
Sachverstand muß man Kirch also von Anfang an zubilligen,<br />
zumal sich Kirch seit 1663 mit täglichen astronomischen Beobachtungen<br />
beschäftigte 23 . Dennoch war Kirch stets bemüht, sein fachliches Können zu<br />
vervollkommnen. In diesem Sinne ist es wohl zu erklären, daß er auf Vermittlung<br />
von <strong>Weigel</strong> im Alter von bereits 35 Jahren den schon mehrfach<br />
erwähnten mehrmonatigen Aufenthalt in Danzig bei Johannes Hevelius<br />
(1611–1687) als dessen Gehilfe zur Übung in astronomischen Rechnungen<br />
<strong>und</strong> Beobachtungen nutzte. Dieser Aufenthalt fällt in das Jahr 1674, wie<br />
er selbst in einem Brief an Olaus Römer (1644–1710) berichtet 24 . Geht man<br />
nun davon aus, daß Kirch tatsächlich von <strong>Weigel</strong> an Hevelius empfohlen<br />
worden ist, dann ist das Jahr 1674 der früheste Zeitpunkt, für den eine<br />
Beziehung zwischen <strong>Weigel</strong> <strong>und</strong> Kirch aufgr<strong>und</strong> der <strong>bis</strong>her eingesehenen<br />
gedruckten <strong>und</strong> handschriftlichen Quellen belegt werden kann. Wann sich<br />
Kirch <strong>und</strong> <strong>Weigel</strong> tatsächlich das erste Mal begegnet sind, ist erst noch herauszufinden.<br />
Als untere zeitliche Grenze könnte die Zeit um 1665 betrachtet<br />
werden. Damals war er für einige Jahre in dem kleinen Ort Langgrün (bei<br />
Lobenstein) als Schulmeister tätig 25 . Später zog er nach Lobenstein, wo er<br />
21 Die ausführlich zitierten Stellen verdeutlichen zudem, wie im Laufe der Zeit die ursprüngliche<br />
Quelle immer mehr verkürzt <strong>und</strong> sprachlich verändert wiedergegeben wird.<br />
Die dadurch verursachte Gefahr eines Verlustes an Informationen <strong>und</strong> einer vorschnellen<br />
(mitunter nicht zutreffenden) Interpretation ist offenk<strong>und</strong>ig.<br />
22 Ranßleben, Ch.: Jesu Herrlichkeit . . . (1710), S. 23; vgl. Christoph Richter an Gottfried<br />
Kirch vom 11. April 1668, Kirch-Nachlaß in der Universitätsbibliothek Leipzig,<br />
Sondersammlungen Ms 01322, Bl. 248r; Döring, D.: Der Briefwechsel zwischen Gottfried<br />
Kirch <strong>und</strong> Adam A. Kochanski . . . (1997), S. 27, Anm. 102; Matthäus, K.: Zur<br />
Geschichte des Nürnberger Kalenderwesens . . . (1969), Sp. 1259 ff.<br />
23 Brather, H.-St.: Leibniz <strong>und</strong> seine Akademie . . . (1993), S. 306; vgl. Harnack, A.:<br />
Geschichte der Königlichen Preussischen Akademie . . . (1900), Bd. 1, S. 57.<br />
24 Herbst, K.-D.: Astronomie um 1700 . . . (1999), S. 40.<br />
25 Als Quelle hierfür dient ein Brief von Nicolaus Schmidt (1606–1671) an Gottfried<br />
Kirch vom 19. November 1665. In diesem frühen Schreiben werden auch „des <strong>Weigel</strong>ij<br />
Sachen“ erwähnt, womit Schmidt auf Veröffentlichungen des Jenaer Gelehrten hinweist.<br />
Es ist zu vermuten, daß Kirch mindestens seit den frühen 1660er Jahren astronomische<br />
Schriften von <strong>Weigel</strong> kannte.