Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
158 Werner Pfau<br />
Physik eine besondere Rolle zu. Zusammengefaßt lassen sich die Aufgaben<br />
der Astrometrie wie folgt formulieren:<br />
• Schaffung eines raumfesten Koordinatensystems,<br />
• Bestimmung <strong>und</strong> Überwachung der Erdrotation,<br />
• Ableitung der Erdfigur <strong>und</strong> des Verlaufs ihres Gravitationspotentials,<br />
• Identifikation von Objekten,<br />
• Massebestimmung in Doppelsternsystemen,<br />
• Nachweis von Begleitern substellarer Masse in Doppelsternsystemen<br />
<strong>und</strong> von extrasolaren Planetensystemen,<br />
• Ableitung der Eigenbewegungen von Sternen,<br />
• Bestimmung kosmischer Entfernungen,<br />
einschließlich der Definition eines astronomischen Entfernungsmaßes,<br />
• Aussagen zu Struktur <strong>und</strong> Entwicklung des Milchstraßensystems,<br />
• Aussagen zur f<strong>und</strong>amentalen Physik<br />
(Gravitationstheorie, Kosmologie, . . . )<br />
2 Die Zeit der Diopter<br />
Der bekannte Stich von Johann Dürr aus dem Jahre 1661, der <strong>Erhard</strong> <strong>Weigel</strong>s<br />
Instrumentarium vor dem Collegium Jenense zeigt (siehe Abb. 5 auf<br />
Seite 21 in diesem Band im Beitrag von Johann Dorschner), läßt die Tradition<br />
der bereits in der Antike genutzten Meßmittel erkennen: Jakobsstab<br />
<strong>und</strong> parallaktisches Lineal wurden durch Hipparch (Wolf, 1877), die Armillarsphäre,<br />
im Almagest als Astrolab bezeichnet, durch Ptolemäus <strong>und</strong><br />
Copernicus genutzt. In ihren Bauprinzipien haben sich diese Instrumente<br />
seit der griechischen Astronomie <strong>bis</strong> in <strong>Weigel</strong>s Zeiten nicht gr<strong>und</strong>legend<br />
verändert. Auch die Quadranten, ebenfalls mit Diopteranordnungen als<br />
„Peilhilfen“ ausgestattet, hatten bereits vor <strong>Weigel</strong> eine lange Tradition.<br />
Sie erreichten durch die Nutzung von Transversalteilungen an den Ablesekreisen,<br />
Justierschrauben zur Ausrichtung ihrer Gr<strong>und</strong>ebene <strong>und</strong> eine<br />
solide Ausführung am Hofe des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen in der<br />
Mitte des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts ihre meßtechnische Vollendung. Auch Tycho<br />
Brahe nutzte Quadranten ähnlicher Ausführung für seine Positionsmessungen.<br />
In dieser letzten Phase der vorteleskopischen Meßkunst erreichte man<br />
im Vergleich zu modernen Sternkatalogen systematische Fehler von unter<br />
1 Bogenminute <strong>und</strong> Standardabweichungen von weniger als ± 1,5 in Kassel<br />
bzw. ± 2,5 Bogenminuten bei Tycho Brahe (Hamel, 1998). Eine wesentliche<br />
Voraussetzung für das Erreichen einer derartigen Genauigkeit war auch<br />
die Verfügbarkeit zuverlässiger Uhren. Die Zeit als Beobachtungselement,<br />
zunächst als Zeitdifferenz zwischen Sterndurchgängen durch vergleichbare<br />
Sichtlinien registriert, hatte Bernhard Walther vor 1500 eingeführt. Er leb-