Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Erhard</strong> <strong>Weigel</strong>s Zeit an der Universität Leipzig (1647 <strong>bis</strong> 1653) 81<br />
Im übrigen mag Müllers jahrzehntelanges Wirken in Leipzig <strong>und</strong>, vermittelt<br />
durch seine zahlreichen Schüler, über Leipzig hinaus nicht ohne<br />
Resonanz geblieben sein, wenn wir auch nur sehr wenig über seine<br />
Korrespondenzen 53 <strong>und</strong> seine Schüler oder zur Rezeption seiner Schriften<br />
wissen. Immerhin möchte man doch vermuten, daß der um die Förderung<br />
der Wissenschaften sehr bemühte Landgraf Wilhelm VI. von Hessen sich<br />
mit verschiedenen naturwissenschaftlichen Fragen gerade deshalb an<br />
die Leipziger Philosophische Fakultät wandte, weil er glaubte, hier in Müller<br />
einen kompetenten Ansprechpartner zu finden 54 . Die Fakultät erteilt auch<br />
Antwort, wobei wir uns leider nur in der Phantasie auszumalen vermögen,<br />
daß der junge Magister <strong>Weigel</strong> an der Abfassung des uns nicht bekannten<br />
Gutachtens beteiligt gewesen sein könnte.<br />
Es wäre nun allerdings ahistorisch, in Müller einen im Gr<strong>und</strong>e modernen<br />
Wissenschaftler oder Lehrer zu sehen. Gleich seinem Vorbild Kepler sind<br />
ihm spekulative Gedankengänge keineswegs fremd. So kann er in Anlehnung<br />
an Melanchthon in der Sonne ein Symbol für den unsichtbaren Gott<br />
sehen <strong>und</strong> zugleich in ihr ein Sinnbild der Trinität erkennen. Weiterhin erscheint<br />
der Himmel als Widerspiegelung der staatlichen Gemeinschaft mit<br />
dem Fürsten an der Spitze. So wie dieser für das Wohl seiner Untertanen<br />
sorgt <strong>und</strong> weiß, daß seine Existenzberechtigung aus dem Wirken für das<br />
Volk abzuleiten ist <strong>und</strong> die Untertanen nicht um seinetwillen existieren, so<br />
besteht der Himmel in seiner Ordnung nicht für sich, sondern zum Nutzen<br />
<strong>und</strong> Heil der Welt. Müller ergeht sich dann in weiteren Vergleichen<br />
der himmlischen <strong>und</strong> der irdischen Ordnungen <strong>und</strong> meint am Schluß eine<br />
Parallelität zwischen der vom Fürsten genau kalkulierten Mittelanwendung<br />
in seiner Regierung <strong>und</strong> den Läufen, Perioden, Abständen, Lichtstärken,<br />
Farben usw. der Himmelskörper erkennen zu können. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage<br />
entwickelt Müller dann astrologische Vorstellungen, die durchaus an<br />
Keplers Aspektenlehre erinnern. Der Einfluß des Himmels sei nicht so<br />
zu verstehen wie das eherne Band der Parzen, sondern wir werden nur<br />
53 Geringfügige Bruchstücke der Korrespondenz haben sich in der UB Leipzig (Ms<br />
01322) erhalten (an Müller gerichtete Briefe von Johannes Kepler, Susanna Kepler, Jakob<br />
Bartsch, Peter Crüger, Joachim Klein). In der Staats- <strong>und</strong> Universitätsbibliothek<br />
Hamburg befinden sich Teile des Briefwechsels Müllers mit Andreas Moller in Freiberg/Sa.<br />
(Lehrer am dortigen Gymnasium). Die Briefe behandeln jedoch, soweit ich sehe,<br />
keinerlei Fragen aus dem Bereich der Mathematik oder der Naturwissenschaften. Vgl.<br />
Nilüfer Krüger: Supellex epistolica Uffenbachii et Wolfiorum. Katalog der Uffenbach-<br />
Wolfschen Briefsammlung. Hamburg 1978, S. 723 u. 1365. Ich danke der genannten<br />
Bibliothek, die mir fre<strong>und</strong>licherweise Kopien dieser Briefe zur Verfügung stellte.<br />
54 Die Anfragen des Landgrafen vom 2. 6. 1650 betreffen die wahre Länge des Tages,<br />
die „vera definitio, causa efficiens, forma, locus, effectus . . . des Rauchreifs, Rauchfrost,<br />
Lufft“ <strong>und</strong> die Unterschiede der astrologischen Systeme (unsignierte Zettelsammlung<br />
der UB Leipzig zur Geschichte der Universität, Jg. 1650).