Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
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62 Leonhard Friedrich<br />
das was man weiß“ 96 . Der Wille bedarf der pädagogischen Unterstützung<br />
mittels Übung <strong>und</strong> Gewöhnung. Das rechenschaftliche Bewußtsein leitet<br />
das tugendhafte Handeln, indem es das Gemüt unterweist, „den Verstand<br />
zur Weißheit <strong>und</strong> den Willen zur Gerechtigkeit natürlich zubefördern“ 97 .<br />
Der Geist der Rechenschaftlichkeit erwächst aus der Gottebenbildlichkeit<br />
des Menschen. Er stellt eine Art Obertugend dar <strong>und</strong> fungiert als die verantwortende<br />
Instanz. Über das rechenschaftliche Bewußtsein, das auf „ermessenden“<br />
mathematischen Kategorien basiert, erlangt der Mensch eine<br />
Teilhabe am Geist.<br />
Dem Gemeinwesen zu dienen, durch nützliche Arbeit das allgemeine Beste<br />
zu befördern, hat zur Voraussetzung, daß Verstand <strong>und</strong> Wille zusammenspielen.<br />
Das aber sei mit größter Wahrscheinlichkeit zu erwarten, da<br />
das Gemüt beide Kräfte umfasse <strong>und</strong> „des Menschen freythätige Natur“ 98<br />
danach strebe, sie für das Gute zu mobilisieren. Nach dieser Annahme erscheint<br />
es naturgemäß, daß der Mensch das Menschliche spontan will <strong>und</strong><br />
sich nicht verhält „wie ein Thier, dem man Zaum <strong>und</strong> Gebiß muß ins Maul<br />
legen, wann man es wohin haben will“ 99 . In <strong>Weigel</strong>s Überlegungen dominiert<br />
der Glaube an das Gute im Menschen <strong>und</strong> das Vertrauen in die<br />
Selbstentfaltungskraft der Natur, weil diese als Schöpfung Gottes vollkommen<br />
<strong>und</strong> gut sei <strong>und</strong> der gottebenbildliche Mensch sich in seinem Denken<br />
<strong>und</strong> Handeln als Kollaborateur Gottes begreifen müsse.<br />
5 Zur pädagogischen Wirkungsgeschichte <strong>Weigel</strong>s<br />
Die positive Resonanz auf <strong>Weigel</strong>s Pädagogik blieb nicht beschränkt auf<br />
Jena <strong>und</strong> das nahe Umfeld. Seine reiche pädagogische Gedankenwelt fand<br />
weithin Beachtung, vor allem in den protestantischen Territorien. <strong>Weigel</strong>s<br />
wissenschaftliches <strong>und</strong> öffentliches Renommee, die erfolgreiche Lehrtätigkeit<br />
als Hochschullehrer <strong>und</strong> seine rege schriftstellerische Tätigkeit beförderten<br />
die Rezeption seiner pädagogischen Ideen. Ihre Verbreitung wurde unterstützt<br />
von tüchtigen Männern aus seinem großen Schülerkreis, die an<br />
Universitäten <strong>und</strong> Gymnasien wirkten, <strong>Weigel</strong>s Intentionen selbst praktisch<br />
umsetzten oder andere zu Reformbemühungen in Schule <strong>und</strong> Unterricht anregten.<br />
Auch ihre Schriften konnten vielerorts dazu beitragen, pädagogische<br />
Ambitionen zu stützen <strong>und</strong> überhaupt das pädagogische Denken im Sinne<br />
<strong>Weigel</strong>s zu befruchten. Eine starke Ausstrahlung hatte <strong>Weigel</strong>s Pädagogik<br />
auf den fränkischen Raum, aus dem eine überdurchschnittlich große Quote<br />
96 a. a. O., S. 9.<br />
97 <strong>Weigel</strong>, a. a. O., S. 77.<br />
98 a. a. O., S. 82.<br />
99 ebd.