Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
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<strong>Erhard</strong> <strong>Weigel</strong> in seiner Zeit 35<br />
Neben seiner astrognostischen Leidenschaft hatten es <strong>Weigel</strong> besonders<br />
die Kometen angetan. Ihn faszinierte sowohl das Phänomen der Schweifsterne<br />
als auch die ihrem Erscheinen unterlegte Bedeutung. Von der traditionellen<br />
Horoskopastrologie hatte sich <strong>Weigel</strong> zwar bereits in Leipzig<br />
losgesagt, Kometen waren ihm jedoch außergewöhnlich wichtige himmlische<br />
Zeichen. Wie Kepler die Novaerscheinungen, so assoziierte <strong>Weigel</strong> das<br />
Auftreten von Kometen mit Planetenkonstellationen. Das damals aktuelle<br />
Problem der Ermittlung der Form der Kometenbahnen schien ihn aber<br />
nicht sonderlich anzusprechen. Sein Schüler Georg Samuel Dörffel (1643–<br />
1683) war ihm hier weit voraus 10 . Obwohl Dörffel ebenso wie <strong>Weigel</strong> als<br />
luthertreuer Protestant Copernicus’ <strong>und</strong> Keplers heliozentrischem Weltbild<br />
nicht zustimmen konnte, benutzte er den copernicanischen Ansatz als<br />
mathematische Hypothese, ganz wie es sein Glaubensgenosse Andreas Osiander<br />
im Vorwort zu Copernicus’ Hauptwerk pragmatisch empfohlen hatte,<br />
<strong>und</strong> rechnete trotz aller Vorbehalte heliozentrisch. Das führte ihn zu der<br />
richtigen Erkenntnis, daß sich der eindrucksvolle Komet von 1680/81 auf<br />
einer parabolischen Bahn um die im Brennpunkt stehende Sonne herumschwang.<br />
Wahrscheinlich hatte ihn das Studium der Keplerschen Gesetze,<br />
von denen er im Gegensatz zu seinem Lehrer deutlich Notiz nahm, auf<br />
die entscheidende Rolle des Brennpunktes auch in diesem Zusammenhang<br />
hingewiesen. <strong>Weigel</strong> rühmte zwar die Qualitäten seines Schülers als Mathematiker<br />
<strong>und</strong> Prediger, von seiner bedeutenden Entdeckung nahm er<br />
dagegen keine Notiz.<br />
Aus einer Abbildung im „Himmelsspiegel“ (1661) <strong>und</strong> einigen Bemerkungen<br />
<strong>Weigel</strong>s über die Abstandsreihenfolge der Planeten von der Erde<br />
muß man folgern, daß er mit dem System Tycho Brahes sympathisierte, in<br />
dem sich Mond <strong>und</strong> Sonne um die Erde bewegten, die Planeten jedoch die<br />
Sonne umliefen. Auf dieses System expressis ver<strong>bis</strong> festgelegt hat er sich<br />
allerdings nicht. Daß den Sphären keine Realität zukommt <strong>und</strong> die Erde<br />
<strong>und</strong> die Himmelskörper frei im Raum schweben, scheint <strong>Weigel</strong> geläufig<br />
gewesen zu sein. Ebenso räumte er ein, daß der tägliche Umschwung des<br />
Himmels von der Erddrehung vorgetäuscht sein kann. Er sah aber keine<br />
Möglichkeit, es zu beweisen, <strong>und</strong> der Allmacht Gottes traute er natürlich<br />
auch zu, daß sie den Himmel sich um die Erde drehen lassen konnte.<br />
Wann <strong>Weigel</strong> mit Fernrohrbeobachtungen begann, ist nicht klar zu ermitteln.<br />
Der mit äquidistanten Knoten versehene, sich verjüngende Stab,<br />
den die alttestamentliche Gestalt auf dem Stich von Johann Dürr im „Himmelsspiegel“<br />
(Abb. 5) hält, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fernrohr.<br />
Der Beginn des 4. Verses des 8. Psalms auf der Schriftrolle (Videbo coelos)<br />
10 Siehe auch den Beitrag von Elvira Pfitzner in diesem Band, S. 123 ff.