Erhard Weigel â 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...
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58 Leonhard Friedrich<br />
4 Prämissen <strong>und</strong> Perspektiven der Pädagogik <strong>Weigel</strong>s<br />
Die Natur soll nach <strong>Weigel</strong> der eigentliche Orientierungspunkt <strong>und</strong> Maßstab<br />
für theoretische Überlegungen wie auch für praktische Bemühungen<br />
sein, da nur aus ihr Erkenntnis <strong>und</strong> Perspektiven gewonnen werden können.<br />
Diese Prämisse galt für <strong>Weigel</strong> auch hinsichtlich der Erkenntnis vom Menschen<br />
<strong>und</strong> seiner Erziehungsbedürftigkeit. Aufgr<strong>und</strong> seiner natürlichen<br />
Verfassung bedarf der Mensch zu seinem Werden vielfältiger Hilfe. Seine<br />
natürliche Mitgift ist der Mangel, der an seiner unzureichenden physischen<br />
Ausstattung abzulesen ist. Dem Menschen ist „ein unbewehrter, unbedeckter,<br />
Leib mit grosser Schwachheit, ohne Hörner, ohne Krallen, ohne scharff<br />
Gebiß, <strong>und</strong> ohne Rachen, angebohren, der nicht anders, als durch Beyhülff<br />
anderer des Geschlechts, aus Lieb, in Fried erzogen werden <strong>und</strong> fortkommen<br />
kann“ 67 . Diese konstitutionelle Beschränkung kann der Mensch aus<br />
<strong>Weigel</strong>s Sicht nur kompensieren durch seine Sozialität, durch „die Liebe<br />
<strong>und</strong> Behülffigkeit der Menschen Gegeneinander“ 68 , sie erweisen sich als<br />
lebensnotwendig. Gewissermaßen eine Sonderform erwiesener „Liebe <strong>und</strong><br />
Behülffigkeit“ stellen die Erziehungshilfen dar, die aber nur effektiv sein<br />
können, wenn sie dem Wink der Natur folgen <strong>und</strong> der menschlichen Natur<br />
gemäß sind. Dieser Gr<strong>und</strong>satz der Naturgemäßheit sei deshalb in allen<br />
Phasen <strong>und</strong> Sphären pädagogischer Arbeit zu beachten. Mit ihm ist die<br />
Überzeugung verb<strong>und</strong>en, Erziehung habe letztlich nur eine Chance, weil<br />
der heranwachsende Mensch von sich aus den Impetus zum Werden mitbringe<br />
<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> einer natürlichen Willigkeit die Anstöße von außen in<br />
freie Tätigkeit umsetze. Er sei bereit, pädagogischen Intentionen aktiv entgegenzukommen,<br />
<strong>und</strong> willens, angestrebte Fähigkeiten zu entwickeln <strong>und</strong><br />
Einstellungen zu habitualisieren. Der Heranwachsende nähme deshalb auch<br />
die Hilfe der Erzieher an, ob sie nun „mit Antragung einer lehr <strong>und</strong> mit Vermahnung<br />
solche Lehr zu fassen“ 69 verb<strong>und</strong>en sei oder ob sie „das Gemüth<br />
mit Erdrückung <strong>und</strong> Angewehnung dessen, was es lernen soll“ zu erreichen<br />
trachte 70 . <strong>Weigel</strong> wertete „Eindrückung <strong>und</strong> Angewehnung“ als die<br />
wirksamsten Faktoren „bey der Unterweisung des Gemüths“ 71 . Sofern das<br />
Gemüt sich gegen sie sträubt, werden werbende <strong>und</strong> gegenwirkende Mittel<br />
eingesetzt, „ein sanfftes, als Geschenck, Verheissung <strong>und</strong> Belohnung; <strong>und</strong><br />
ein hartes, als Bedrohung, Straff <strong>und</strong> Marter“ 72 . Beide wurden von Wei-<br />
67 a. a. O., S. 19.<br />
68 ebd.<br />
69 ebd.<br />
70 ebd.<br />
71 ebd.<br />
72 ebd.