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Erhard Weigel – 1625 bis 1699 - Astrophysikalisches Institut und ...

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Die Pädagogik <strong>Erhard</strong> <strong>Weigel</strong>s 59<br />

gel allerdings nicht als natürliche Erziehungsmittel akzeptiert, sie galten<br />

ihm bloß als „Zwang- <strong>und</strong> Affter-Stück“ 73 <strong>und</strong> dem Geist der Erziehung<br />

zuwider.<br />

Wo „die Willigkeit sich anweisen zu lassen“ 74 einhergehe mit dem Gehorsam<br />

gegenüber Gott, kann nach <strong>Weigel</strong> eine pädagogisch fruchtbare<br />

Atmosphäre gedeihen <strong>und</strong> der pädagogische Zweck erreicht werden. Unter<br />

solchen Voraussetzungen entfache der Heranwachsende seine Selbsttätigkeit<br />

<strong>und</strong> hänge dem Guten „auch desto lieber <strong>und</strong> beständiger an, <strong>und</strong> läst<br />

sich so leichtlich nicht von deme wieder abreissen, wozu er sich gleichsam<br />

von selbst freywillig entschlossen hat“ 75 . <strong>Weigel</strong> gründet seine Pädagogik<br />

– wie auch aus dieser Passage zu entnehmen ist – auf die Spontaneität <strong>und</strong><br />

Aktivität des Kindes. Diese sind die Gr<strong>und</strong>voraussetzung für die geistige<br />

Aneignung der Welt <strong>und</strong> ihre praktische Bewältigung, für intellektuelle<br />

<strong>und</strong> „tugendhaffte Thätigkeit“ 76 , der Motor des menschlichen Werdens.<br />

Der Mensch ist – so lautet die anthropologische Prämisse der Pädagogik<br />

<strong>Weigel</strong>s – „zum Wissen der realen Dinge; wie auch die realien zu practiciren,<br />

von Natur geneigt“ 77 .<br />

Die Auffassung impliziert die These, der Mensch zeichne sich im Unterschied<br />

zum Tier durch Vernunft aus, er sei aber mehr als ein verständiges<br />

Tier. <strong>Weigel</strong> charakterisierte ihn deshalb als „vernünftiges leibbehaftetes<br />

Lebewesen“ 78 <strong>und</strong> ordnete damit den tierisch-physischen Leib, den<br />

„werckzeuglichen Leib“ 79 , der Ratio unter, die „des Menschen eigentliches<br />

Wesen“ 80 ausmache. „Zum Meister ist der Geist in uns ihm vorgesetzt“ 81 ,<br />

um ihn „rechenschafftlich“ 82 zu gebrauchen. Um <strong>Weigel</strong>s Argumentation<br />

hinsichtlich des rechenschaftlichen Geistes als der zentralen Instanz für das<br />

menschliche Denken <strong>und</strong> Handeln nachvollziehen zu können, bedarf es der<br />

Beachtung seines Verständnisses der Natur <strong>und</strong> der eigentümlichen Korrespondenz<br />

von Natur <strong>und</strong> mathematischem Geist. Sie folgt dem seit dem<br />

73 ebd.<br />

74 a. a. O., S. 218.<br />

75 a. a. O., S. 82.<br />

76 a. a. O., S. 237.<br />

77 ebd.<br />

78 Wienerischer Tugend=Spiegel. Darinnen Alle Tugenden nach der Anzahl Derer<br />

gleich so vielen Festungs=Linien <strong>und</strong> Wercken Bei der Weltgepriesenen nunmehr zum<br />

an=dernmal so tapffer wider Türck <strong>und</strong> Tartarn defendirten Käyserl. Residenz=Stadt<br />

Wien Zu immerwährendem Gedächtnüß, vorgestellet, <strong>und</strong> nebenst einer Mathematischen<br />

Demonstration von Gott wider alle Atheisten, Zum Gr<strong>und</strong> der Tugenden<br />

be=schrieben <strong>und</strong> Mit Kupffern vorgebildet werden. Nürnberg 1687, Band 2, S. 5.<br />

79 a. a. O., Band 1, S. 52.<br />

80 <strong>Weigel</strong>, a. a. O., S. 199.<br />

81 ebd.<br />

82 ebd.

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