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v bundesamt für kartographie und geodäsie - DGK - Bayerische ...

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Geodätisches Institut – Universität Stuttgart 293<br />

Satelliten mit GPS-Empfängern <strong>und</strong> einem hochpräzisen<br />

Ranging-System ausgestattet, das es ermöglicht, den gegenseitigen<br />

Abstand hochgenau zu messen. Aus den gesammelten<br />

Beobachtungsdaten kann nicht nur das Schwerefeld der<br />

Erde bestimmt werden, die relativ lange Missionsdauer ermöglicht<br />

sogar die Analyse langperiodischer Variationen.<br />

Zu diesem Zweck wurden verschiedene Algorithmen entworfen<br />

<strong>und</strong> getestet. Sie basieren auf den Newton'schen<br />

Bewegungsgleichungen, welche die beobachteten Beschleunigungen<br />

der Satelliten mit dem unbekannten Geopotential<br />

verknüpfen. Die zur Verfügung stehenden Beobachtungen<br />

ermöglichen es, sowohl <strong>für</strong> die individuellen – aus GPS-<br />

Daten bestimmten – Satellitenbeschleunigungen als auch<br />

<strong>für</strong> die Beschleunigungsdifferenzen zwischen den Satelliten<br />

entsprechende Beobachtungsgleichungen aufzustellen. Diese<br />

können dann im Zeitbereich oder im Raumbereich gelöst<br />

werden. Im Zeitbereich wird das Geopotential durch eine<br />

sphärisch harmonische Reihe approximiert, während es im<br />

räumlichen Bereich durch eine Integraldarstellung in ausgewählten<br />

Punkten eines sphärischen Gitters auf der Oberfläche<br />

einer Referenzkugel gelöst wird. Die "Zeitlösung"<br />

basiert auf einem System linearer Gleichungen mit unbekannten<br />

Stokes'schen Koeffizienten des Geopotentials. Die<br />

"Raumlösung" führt auf die diskretisierte Fredholm'sche<br />

Integralgleichung erster Art, die ihrerseits auf dem wohl<br />

bekannten Abel-Poisson-Kern basiert. Numerische Lösungen<br />

beider Ansätze sind aufwändig, so dass spezielle numerische<br />

Techniken angewendet werden müssen. Als Folge<br />

der Verwendung von Beschleunigungsdifferenzen beider<br />

Satelliten bezieht sich das Geopotential auch auf die beiden<br />

unterschiedlichen Positionen der Satelliten. Alternativ kann<br />

das Geopotential durch Gradientendifferenzen ersetzt<br />

werden, indem es im Baryzentrum beider Satelliten entwickelt<br />

wird. Der Vorteil dieses Ansatzes ist darin zu sehen,<br />

dass sich die unbekannte Funktion auf lediglich einen<br />

einzigen Ort bezieht. Als Nachteil müssen <strong>für</strong> die numerischen<br />

Auswertungen zwar genäherte Ergebnisse hingenommen<br />

werden, aber der Effekt der Vernachlässigung<br />

höherer Terme der Reihenentwicklung kann als vernachlässigbar<br />

angesehen werden.<br />

Verschiedene Software-Module zur Verarbeitung der<br />

GRACE-Daten wurden entwickelt <strong>und</strong> getestet. Es gehören<br />

dazu die Transformation zwischen dem Quasi-Inertialsystem<br />

(Bezugssystem mit raumfesten Primärrichtungen aber<br />

beweglichem Ursprung) <strong>und</strong> dem erdfesten Bezugssystem,<br />

die numerische Differentiation unter Verwendung der<br />

Newton'schen Interpolationsformel <strong>und</strong> dem Savitzki-Golay<br />

Algorithmus sowie Module zur Lösung der Normalgleichungen<br />

in den unterschiedlichen Ansätzen. Die<br />

Newton'sche Formel wurde umfangreich an verrauschten<br />

<strong>und</strong> exakten Daten getestet <strong>und</strong> ihre Anwendbarkeit bei der<br />

Differentiation von Daten mit positiv korreliertem Rauschen<br />

verifiziert. Bezüglich des Systems linearer Gleichungen<br />

wurde das Modell <strong>für</strong> die Satellitenbeschleunigung erfolgreich<br />

mit simulierten <strong>und</strong> realen Daten getestet. Als Ersatz<br />

<strong>für</strong> die derzeit nicht verfügbaren GRACE-Daten kamen<br />

dabei CHAMP-Daten zum Einsatz. Das Modell <strong>für</strong> die<br />

Beschleunigungsdifferenzen zwischen den Satelliten wurde<br />

schließlich an simulierten Daten erprobt. Es konnte gezeigt<br />

werden, dass die entwickelten Algorithmen dazu in der Lage<br />

sind, das Gravitationsfeldsignal aus den Beobachtungsdaten<br />

zu bestimmen.<br />

Gleichzeitig mit der Analyse des Geopotentials aus<br />

GRACE-Daten wurden auch Schwerefeldvariationen untersucht.<br />

Der Effekt der Eisabschmelzung wurde wegen ihrer<br />

dominanten Größenordnung studiert. Die lokalen Auswirkungen<br />

der Abschmelzung Fennoskandiens wurden anhand<br />

eines viskoelastischen 5-Schalenmodells des oberen Erdmantels<br />

berechnet. Das Gravitationspotential der topografischen<br />

<strong>und</strong> atmosphärischen Massen wurden unter der<br />

Annahme einer zeitvariablen Massenverteilungsdichte<br />

theoretisch formuliert sowie erste Ergebnisse <strong>für</strong> statische<br />

Massen abgeschätzt.<br />

Satellitenschweregradiometrie (SGG)<br />

Die ESA Satellitenmission GOCE (Gravity field and steadystate<br />

Ocean Circulation Explorer) gliedert sich nach<br />

CHAMP <strong>und</strong> GRACE als drittes Vorhaben in die Reihe der<br />

innovativen Satellitenmissionen zu Beginn des neuen<br />

Jahrtausends. Der Start ist im Jahr 2006 geplant. Primäres<br />

Ziel der drei Missionen ist die hochgenaue <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

räumlich hoch auflösende Bestimmung des Erdgravitationsfeldes<br />

<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en der Figur der Erde. Die bisherigen<br />

rein auf Satellitenbeobachtungen gestützten Erdgravitationsmodelle<br />

(z.B. GRIM5-S1) werden den heutigen<br />

Anforderungen in den vielseitigen wissenschaftlichen<br />

Bereichen wie Geodäsie, Geophysik oder Ozeanographie<br />

nicht mehr gerecht. Die Zusammenführung der Ergebnisse<br />

aller drei Missionen wird das statische Erdgravitationsfeld<br />

in Form einer Geoidgenauigkeit von 2cm mit einer räumlichen<br />

Auflösung von ca. 80km (halbe Wellenlänge) liefern.<br />

Zusätzlich werden Aussagen über die zeitlichen Veränderungen<br />

getroffen werden können.<br />

Die GOCE Mission wird primär zur Modellierung des kurzwelligen<br />

Anteils des Erdgravitationsfeldes beitragen. Hierzu<br />

kommt in der Satelliten<strong>geodäsie</strong> erstmals ein dreiachsiges<br />

Gradiometer als Sensor zum Einsatz, welches in Kombination<br />

mit einer Flughöhe von nur 250km sehr sensitiv auf<br />

die gravitativen Kräfte reagiert <strong>und</strong> somit eine Auflösung<br />

der harmonischen Entwicklung des Erdgravitationsfeldes<br />

bis Grad <strong>und</strong> Ordnung 250-300 garantiert. Das dreiachsige<br />

Gradiometer besteht aus sechs Beschleunigungsmessern,<br />

deren kombinierte Messungen den sogenannten Gravitationstensor<br />

bilden. Die Koeffizientenmatrix des Tensors<br />

ist symmetrisch <strong>und</strong> spurfrei; damit sind nur fünf der neun<br />

Elemente (Gravitationsgradienten) linear unabhängig. Die<br />

Gravitationsgradienten (GG) entsprechen den zweiten<br />

Ableitungen des Gravitationspotentials (zweimalige Anwendung<br />

des Gradientenoperators). Damit ist direkt der funktionale<br />

Zusammenhang zwischen den Pseudo-Beobachtungen<br />

(GG) <strong>und</strong> den unbekannten Stokes-Koeffizienten<br />

der harmonische Entwicklung des Erdgravitationsfeldes<br />

bzw. dessen Funktionale gegeben.<br />

Um der Transformation des Gravitationstensors in ein von<br />

den Achsen des Gradiometers abweichendes Referenzsystem<br />

zu umgehen, werden nicht die Gravitationsgradienten<br />

selbst als Beobachtungen eingeführt, sondern die sogenannten<br />

F<strong>und</strong>amentalinvarianten des Gravitationstensors.<br />

Diese Größen sind invariant gegenüber einer Rotation des

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