Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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klärung der Entstehung <strong>des</strong> Kosmos, die freilich nicht im Gegensatz zum Christentum stehen<br />
muss, nämlich dann, wenn man sie nicht im Sinne der Selbstorganisation der Materie versteht<br />
und dabei im darwinistischen Sinne von Gott absieht, was ohnehin gegen die Vernunft<br />
ist. Bereits die Kirchenväter haben die Vorstellung von der „creatio continua“ vertreten.<br />
Überhaupt dürften manche kritische Einwände gegen das Christentum - das zeigt sich hier<br />
besonders deutlich - in Missverständnissen gründen. Sicherlich kommt es aber auch zuweilen<br />
vor, dass die kritischen Behauptungen gegen das Christentum sich als böswillige Behauptungen<br />
darstellen. Das gilt speziell für den häufiger vernehmbaren Einwand, das Christen-tum<br />
sei vernunftfeindlich, damit aber auch menschenfeindlich. Gerade dieser Vorwurf ge-genüber<br />
dem Christentum hat eine lange Geschichte.<br />
Bereits der Philosoph Kelsos oder Celsus, ein Zeitgenosse <strong>des</strong> Kirchenvaters Origenes (+ um<br />
254), der sich mit Kelsos, auseinandersetzt, bezeichnet die christliche Lehre als einfältig und<br />
stellt in seiner 178 nach Christus entstandenen Schrift „Die wahre Lehre“ („Αληθης λογος“)<br />
fest, sie habe nur bei einfältigen Leuten Herrschaft gewonnen, da sie selbst einfältig sei und<br />
<strong>des</strong> wissenschaftlichen Charakters entbehre 19 . Man hat das Werk „Die wahre Lehre“ <strong>des</strong> Kelsos<br />
aus der Gegenschrift <strong>des</strong> Origenes “Gegen Celsus” („Κατα Κελσον“) rekonstruiert.<br />
Der Philosoph Friedrich Nietzsche (+ 1900) spricht, das Christentum charakterisierend oder<br />
besser das Christentum kritisierend, von einer Angewöhnung geistiger Grundsätze ohne<br />
Gründe 20 . Er bestreitet also kategorisch die Möglichkeit, das Christentum rational zu begründen<br />
oder zu fundieren. Ähnlich macht es der Philosoph Arthur Schopenhauer (+ 1860), wenn<br />
er den Gegensatz zwischen Glauben und Wissen hervorhebt, die Unvereinbarkeit von Glauben<br />
und Wissen, um das Christentum tödlich zu treffen 21 , um dem Buddhismus den Vorzug<br />
zu geben.<br />
Rainer Maria Rilke (1875-1926), ein weiterer Kritiker <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>, bezichtigt sich selbst<br />
einmal einer „beinahe rabiaten Antichristlichkeit“ 22 . Er warnt davor, seine Gedichte im christ-<br />
19 Sigmund Freud, Gesammelte Werke, 17 Bde., London 1940 ff, Bd. I, 27; vgl. Karl-Heinz Deschner, Hrsg., Das<br />
Christentum im Urteil seiner Gegner I, Wiesbaden 1971, 20.<br />
20 Friedrich Nietzsche, Der Antichrist I, 586; vgl. Karl Heinz Deschner, Hrsg., Das Christentum im Urteil seiner Gegner I,<br />
Wiesbaden 1971, 391.<br />
21 Karl Heinz Deschner, Hrsg., Das Christentum im Urteil seiner Gegner I, Wiesbaden 1971, 177 ff (Arthur Schopenhauer,<br />
Parerga und Paralipomena II, Kap. 15: Über Religion, Paragraph 181; Rationalismus, 416-428).<br />
22 Rainer Maria Rilke und Marie von Thurn und Taxis, Briefwechsel, Zürich 1951, Bd. 1, 245 f.