Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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Ein letztes Formelement <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>, ein zehntes, besteht in dem Umstand, dass sich das<br />
Christentum als eine eschatologische Religion begreift, auch das natürlich von Anfang an.<br />
Das will sagen: Von Anfang an zielt das Christentum auf ein definitives Ende der Geschichte,<br />
nicht auf ein definitives Ende der Zeit, wie man fälschlicherweise vielfach sagt, sondern auf<br />
ein definitives Ende der Geschichte oder unserer raumzeitlichen Welt, denn die Ewigkeit ist<br />
nicht Zeitlosigkeit, zeitlos ist nur die Ewigkeit Gottes, nicht die Ewigkeit der geschaffenen<br />
Dinge. Wir müssen hier mit Thomas von Aquin (+ 1274) die „aeternitas“ von der „aeviternitas“<br />
unterscheiden. Die „aeternitas“ kommt nur Gott zu, die „aeviternitas“ nur der Kreatur,<br />
selbstverständlich nur der geistigen Kreatur. Für die geistige Natur <strong>des</strong> Menschen ist die<br />
„aeviternitas“ natürlich, für die menschliche ist sie gnadenhaft oder übernatürlich, zudem hat<br />
sie noch die Vergeistigung dieser Natur zur Voraussetzung. Traditionellerweise sprechen wir<br />
in die-sem Kontext von der verklärten Leiblichkeit.<br />
Das Christentum ist eine eschatologische Religion, das heißt, es zielt auf ein definitives Ende<br />
der Geschichte, nicht der Zeit, wie gesagt, sondern der Geschichte, auf das endgültige Hervortreten<br />
der Königsherrschaft Gottes und auf das Offenbarwerden der vollendeten „gloria<br />
Dei“, der Herrlichkeit Gottes. Die Bildersprache der Schrift spricht hier von dem neuen Himmel<br />
und von der neuen Erde. Dabei ist zu beachten, dass die eschatologische Vollendung der<br />
Welt eine Tat Gottes ist, primär jedenfalls. Sie ist auch eine Tat <strong>des</strong> Menschen, die<br />
Vollendung der Welt, aber sekundär. Eine Tat <strong>des</strong> Menschen ist sie, sofern es dem Menschen<br />
zukommt, die Vollendung der Welt vorzubereiten, und zwar durch sein Wirken in der Welt<br />
und an der Welt.<br />
Mit dem eschatologischen Charakter <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong> hängt die relative Eigenständigkeit der<br />
irdischen Wirklichkeiten zusammen, die Entgötterung der Welt - man kann auch sagen: die<br />
Entmythologisierung oder die Entgötterung der <strong>Theologie</strong> und der Kosmologie. Die relative<br />
Eigenständigkeit der irdischen Wirklichkeiten, die einen Kernpunkt der christlichen Kosmologie<br />
darstellt, hängt allerdings nicht nur mit dem eschatologischen Charakter <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong><br />
zusammen, wenn auch zu einem wesentlichen Teil. Ein anderer bedeutender Aspekt ist<br />
hier in<strong>des</strong>sen die christliche Überzeugung, dass alle außergöttliche Wirklichkeit von Gott aus<br />
dem Nichts geschaffen ist, durch sein schöpferisches Wort. Schon damit ist die Welt ent-göttert,<br />
und zwar prinzipiell. In jedem Fall war die Entgötterung der Welt durch das Christen-tum<br />
die Voraussetzung dafür, dass eine eigenständige weltliche Kultur entstehen konnte, dass die<br />
Menschheit sich daran machen konnte, die sichtbare Welt planmäßig zu erforschen, dass sich