Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
23<br />
nicht ein Zeichen <strong>des</strong> To<strong>des</strong> ist, sondern <strong>des</strong> Lebens. Da wird nicht das Leid verherrlicht und<br />
seine Negativität in Positivität gewendet. Eine positive Bedeutung erhält es erst von der Liebe<br />
her. In sich ist es etwas Negatives, es wird aber zu etwas Positivem, wenn es in Liebe angenommen<br />
und aus Liebe getragen wird, aus Liebe zu Gott und zu den Menschen. Gerade vom<br />
Kreuz her ergibt sich eine tiefe Deutung <strong>des</strong> menschlichen Lei<strong>des</strong>, vielleicht die tiefste, und<br />
gleichzeitig ergibt sich von daher ein kräftiger Imperativ, im Mitleiden das Leid der Menschen<br />
zu lindern oder, wenn möglich, zu überwinden. Erst das Kreuz gibt eine wirklich tragfähige<br />
Antwort auf die zugegebenermaßen schwierige Frage der Theodizee, die man vielfach<br />
als ein unwiderlegliches Argument gegen den rationalen Aufweis der Existenz Gottes auf der<br />
Grundlage <strong>des</strong> Kausalprinzips ansieht.<br />
Wenn das christliche Ethos eine Sklavenmoral ist, wie Nietzsche meint - auch dazu noch eine<br />
kurze Anmerkung -, wie kann es dann den Menschen überfordern? Das christliche Ethos ist<br />
zweifellos ein hohes Ethos, aber es ist erfüllbar, wo immer der Mensch auf die Hilfe Gottes<br />
vertraut, ungeachtet der Tatsache, dass es in seiner Idealität zu immer größeren Anstrengungen<br />
anspornt. Dass das christliche Ethos den Menschen nicht überfordert, dass es ihn vielmehr<br />
zu höchstem Einsatz, ja, zum Heroismus anspornt, das beweist die Geschichte <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>.<br />
Das ist klar zu erkennen, wenn man nicht auf das Negative fixiert ist. Der Philosoph<br />
Max Scheler (+ 1928) erklärte in seiner katholischen Zeit einem Schüler, der ihn nach dem<br />
Christentum fragte: Die katholische Kirche bringt Heilige hervor.<br />
Dabei darf man nicht übersehen, dass die entscheidende Schwäche <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong> im ethischen<br />
Versagen seiner Vertreter besteht. Das ist bedingt durch den fordernden Charakter <strong>des</strong><br />
christlichen Ethos einerseits und durch die Schwäche <strong>des</strong> Menschen andererseits, die nach<br />
christlicher Lehre ihren tiefsten Grund in der Ursünde hat, in einer Katastrophe, die sich am<br />
Anfang der Geschichte der Menschheit zugetragen hat.<br />
Man kann nicht leugnen, dass sich das Christentum in der Geschichte immer wieder negativ<br />
dargestellt hat. Es gibt für das Christentum die Hypothek der Geschichte, die es immer wieder<br />
verdunkelt hat, das Christentum. Darin zeigt sich die Schwäche <strong>des</strong> Menschen. Darüber<br />
hinaus ist zu bedenken, dass das christliche Ethos nicht von vornherein in seiner letzten Tiefe<br />
erkannt wird, dass die Erkenntnis der Offenbarung und ihrer Inhalte parallel verläuft zur allgemeinen<br />
Entwicklung der menschlichen Kultur. Es ist hier zu beachten: Für die Geschichte<br />
der Offenbarung gilt das Gesetz der Evolution, nicht anders als für die Geschichte ihrer Er-