Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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andere im Alten Testament. Bei Jesus wird die Gesinnung dann geradezu in den Mittelpunkt<br />
aller ethischen Wertung gerückt.<br />
Der Dekalog ist nicht die einzige Zusammenfassung <strong>des</strong> Jahwe-Willens im Alten Testament.<br />
Es gibt noch einige andere, kürzere Zusammenfassungen <strong>des</strong> Gottes-Willens im Alten Testament,<br />
etwa Dtn 6, 4 - da geht es um die Gottesliebe („so liebe denn den Herrn, deinen Gott<br />
mit ganzem Herzen...“) - oder Lev 19, 18 und 19, 34 - da geht es um die Nächstenliebe („liebe<br />
deinen Nächsten wie dich selbst“) - oder Lev 19, 2 - da geht es um das Ethos als Nachahmung<br />
<strong>des</strong> ethisch heiligen Gottes („seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig”).<br />
Mich 6, 8 haben wir eine programmatische Verbindung von Religion und Sittlichkeit, wenn<br />
es da heißt: „Es ist dir gesagt, o Mensch, was gut ist, was der Herr von dir fordert, nur Recht<br />
zu tun und Liebe zu üben und in Demut zu wandeln mit deinem Gott“.<br />
Das erhabene Gottesbild und das ihm entsprechende einzigartige und unübertroffene Menschenbild<br />
<strong>des</strong> Alten Testamentes erweisen die Jahwe-Religion als außergewöhnlich im Reigen<br />
der Religionen. Sie sind nicht weniger maßgebend für das Christentum und stellen sein<br />
bleiben<strong>des</strong> Fundament dar. Charakteristisch ist für die Religion <strong>des</strong> Alten Testamentes wie<br />
auch für die Religion <strong>des</strong> Neuen Testamentes die enge Verbindung der <strong>Theologie</strong> mit der Anthropologie,<br />
die enge Verbindung der Lehre von Gott mit der Lehre vom Menschen, ohne<br />
dass die <strong>Theologie</strong> zur Anthropologie verflacht, wie das <strong>heute</strong> zuweilen im Christentum geschieht.<br />
Das Gottesbild und das Menschenbild sind in dieser Gestalt und in solcher Zuordnung<br />
zueinander so etwas wie ein Geschichtswunder, eine Gegebenheit, die die Leistungen<br />
der menschlichen Geistesgeschichte irgendwie sprengt. Bereits die Transzendenz Gottes und<br />
in Verbindung damit seine Geistigkeit ist ein rätselhaftes Phänomen im Alten Testament, ein<br />
Phänomen, das unsere gewohnten Kategorien sprengt. Die Transzendenz Gottes und seine<br />
Geistigkeit sind bereits ein „bedeutsamer Stürzpfeiler für die Glaubwürdigkeit der biblischen<br />
Offenbarung“. Rätselhafter aber ist das Gottesbild noch in seiner Ganzheit, vor allem in seiner<br />
Verbindung mit dem Menschenbild. Dabei ist zu bedenken, dass die Religion Israels nicht<br />
degeneriert in seiner Geschichte, sich vielmehr evolutiv entfaltet, dass sie sich im Laufe seiner<br />
Geschichte immer reiner und vergeistigter darstellt. Dabei verbindet sich diese religiöse Leistung<br />
Israels nicht mit politischen und kulturellen Leistungen irgendwelcher Art. In der<br />
Kunst, in der Wissenschaft und in der Philosophie waren die anderen Völker Israel überlegen.<br />
Militärisch und politisch war Israel nur für eine relativ kurze Zeit eine bedeutsame Macht. Die<br />
einzige kulturelle Leistung Israels ist seine Religion, von der wir freilich sagen, dass sie von