Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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Der Islam, die zweitgrößte religiöse Glaubensgemeinschaft, umfasst zahlenmäßig etwa 20 %<br />
der Menschheit, wobei man allerdings bedenken muss, dass der Islam wächst, anders als das<br />
Christentum, und zwar mit einer außerordentlichen Dynamik, seit dem Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />
um das Sechsfache. Der Islam umfasst <strong>heute</strong> etwa 20 % der Weltbevölkerung. Die<br />
katholische Kirche etwa 17 %. Das römische Christentum stellt also zahlenmäßig die zweitgrößte<br />
religiöse Gruppierung dar und folgt sogleich auf den Islam. Es ist allerdings in sich geschlossener<br />
als alle übrigen Religionsgemeinschaften es sind, erst recht als alle übrigen christlichen<br />
Konfessionen, jedenfalls im Prinzip, wobei nicht zu verkennen ist, dass das Prinzip in<br />
praxi immer weniger erkennbar wird. Ja, auch das darf man nicht verkennen, dass man in<br />
diesem Prinzip der Geschlossenheit auch innerkirchlich immer weniger etwas Positives sieht<br />
oder etwas, das vom Glauben her geboten ist oder das nicht preisgegeben werden darf 47 . Faktisch<br />
ist es so, dass die innere Einheit der katholischen Kirche noch nie so problematisch gewesen<br />
ist wie in der Gegenwart, theoretisch und praktisch. Die häufigen Invektiven gegen das<br />
Petrusamt und gegen <strong>des</strong>sen Träger sind gleichzeitig Ursache und Wirkung dieses Tatbestan<strong>des</strong>.<br />
Die katholische Kirche ist zwar prinzipiell in sich geschlossener als alle übrigen Religionsgemeinschaften,<br />
gegenwärtig ist sie jedoch in ihrer inneren Einheit mehr bedroht als je zuvor, ist<br />
sie einer Zerreißprobe ausgesetzt wie nie zuvor, weil die Missachtung ihrer Gesetze und<br />
Weisungen bei vielen, auch bei vielen Amtsträgern, beinahe schon zu einem Strukturprinzip<br />
geworden ist. Es fällt der katholischen Kirche <strong>heute</strong> nicht nur faktisch schwer, ihre Einheit zu<br />
bewahren, vielfach wird diese Einheit auch theoretisch nicht mehr in ihrer Notwendigkeit und<br />
in ihrer Werthaftigkeit erkannt.<br />
Die Unterscheidung und die Scheidung zwischen Christentum und Kirche ist das Ergebnis der<br />
Reformation. Luther greift über die Kirche, über deren geschichtliche Gestalt, über die<br />
Papstkirche, zurück auf ein - wie er meint - vorkirchliches evangelisches Christentum, zunächst<br />
gegen seine Absicht, denn er wollte ja keine Reformation, sondern eine Reform. „Nolens<br />
volens“ musste er aber die Dialektik zwischen unsichtbarer und sichtbarer Kirche oder -<br />
um es in der Sprache <strong>des</strong> späteren Deutschen Idealismus zu sagen - zwischen der Kirche als<br />
Idee und als geschichtlicher Erscheinung in Kauf nehmen. Was die Kirche oder meinetwegen<br />
47 Heinz-Günther Stobbe, Art. Christentum II (christlich), in: Adel Theodore Khoury, Hrsg., Lexikon religiöser Grundbegriffe.<br />
Judentum- Christentum-Islam, Graz 1987, 142 f.