Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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gesetz, das wir als das Gesetz der Inkarnation bezeichnen können, als das Gesetz der Verleiblichung<br />
<strong>des</strong> Geistigen, <strong>des</strong> Göttlichen 116 .<br />
In der Offenbarung hat Gott dem Menschen immer wieder, um im Bilde zu sprechen, einen<br />
Rettungsanker zugeworfen. Gott wollte dem Menschen zwar die Freiheit zugestehen, sich gegen<br />
ihn aufzulehnen und ein selbstherrliches und eigenmächtiges Leben zu führen, aber er hat<br />
ihn auch nicht dem von ihm selbst geschaffenen Chaos rettungslos überlassen. Darin besteht<br />
das eigentliche Wesen der Offenbarung. - Die Heilsgeschichte entfaltet sich vor dem dunklen<br />
Hintergrund der Unheilsgeschichte, die Offenbarungsgeschichte ist wesentlich eine Geschichte<br />
der Erlösung, was oft nicht mehr realisiert wird im landläufigen Christentum, auch<br />
nicht im landläufigen Christentum katholischer Provenienz. Die Offenbarungsgeschichte ist<br />
wesentlich eine Geschichte der Erlösung, die Erlösung aber rückt den Erlöser in den Mittelpunkt<br />
<strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>. Das gilt konsequenterweise auch für die individuelle Heilsgeschichte<br />
nicht nur für die allgemeine. Gemäß Mk 16,16 geht es dabei um Heil oder Verwerfung, in<br />
der individuellen Heilsgeschichte wie in der allgemeinen.<br />
Wenn das Christentum sich wesentlich in der Beziehung zu Christus darstellt, dann kann es<br />
im Christentum letztlich nicht um Ideen oder Lehren gehen, dann kann das Christentum aber<br />
andererseits auch nicht gänzlich darauf verzichten, auf Lehren und Ideen, denn dieser Christus<br />
verweist auf sie, er ist eine objektive Gestalt, aber unsichtbar, weshalb seine entscheidenden<br />
Züge dem Einzelnen nicht unmittelbar präsent sind. Das Christentum kann nicht auf<br />
die Beschreibung der Christusgestalt verzichten, weil sie dem Menschen nicht unmittelbar<br />
zugänglich ist und daher der Vermittlung durch Worte bedarf, notwendigerweise.<br />
Es dürfte zu wenig sein, wenn man all jene als Christen bezeichnet, für die Christus eine<br />
entscheidende Rolle spielt 117 . Es geht auch darum, welche konkrete Gestalt diese Rolle hat.<br />
Diese aber wird erst fassbar in Lehraussagen, in der näheren Beschreibung dieser Gestalt.<br />
Das Christentum kann daher nicht auf Lehraussagen verzichten. Sieht man jede dogmatische<br />
Fixierung <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong> als etwas an, das dem genuinen Christentum fremd ist, wird die<br />
Unbestimmtheit und damit die Beliebigkeit zum Prinzip. Das Christentum wird dann in ähn-<br />
116 Ebd., 28 f.<br />
117 So etwa Hans Küng in seinem Buch „Wegzeichen in die Zukunft. Programmatisches für eine christliche Kirche“, Reinbek<br />
1980, 28.