Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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Anstoß nimmt man sodann an der Lehre vom Kreuz, wodurch eine düstere Sicht der Welt und<br />
<strong>des</strong> Lebens bedingt sei, eine düstere Sicht von der Welt, die die Wirklichkeit verfälsche. In<br />
diesem Sinne äußert sich immer wieder der Schriftsteller André Gide (1869-1951), aber nicht<br />
nur er 32 . Da wird das Christentum allerdings wiederum missverstanden, und zwar in seinem<br />
Zentralgeheimnis, in der Lehre von der Erlösung.<br />
Auch hier sind die Vorwürfe widersprüchlich, wenn die einen dem Christentum die zentrale<br />
Bedeutung <strong>des</strong> Kreuzes zum Vorwurf machen, die anderen in<strong>des</strong>sen behaupten, es habe keinen<br />
Sinn für das Leid <strong>des</strong> Menschen.<br />
Albert Camus (1913-1960) ist es vor allem, der dem Christentum zum Vorwurf macht, dass es<br />
keine überzeugende Antwort auf die Frage nach dem Leid habe, ungeachtet <strong>des</strong>sen, dass das<br />
Christentum sich als die Religion <strong>des</strong> Kreuzes versteht. Camus will das Christentum von<br />
daher durch die Revolte überwinden und durch Handeln das Leid und die Summe der Ungerechtigkeiten<br />
in der Welt bekämpfen. Er schreibt: „Wir müssen uns wohl oder übel darein<br />
schicken (dass wir unser Schicksal nicht einem Gott oder seinen irdischen Stellvertretern in<br />
die Hand zu geben haben) und tun, was das Christentum nie getan hat, uns der Verdammten<br />
annehmen“ 33 . Er meint: „Die Welt erwartet von den Christen, dass sie sich aus der Abstraktion<br />
befreien und dem blutüberströmten Gesicht gegenübertreten, das die Geschichte in unseren<br />
Tagen angenommen hat”. Dabei ist er davon überzeugt, dass das Christentum dieser Aufgabe<br />
nicht gerecht wird, ja, nicht gerecht werden kann in seiner geistigen Anspruchslosigkeit.<br />
Wie viele andere verkennt auch Camus das Christentum von Grund auf, wenn er einseitig auf<br />
die Greueltaten abhebt, die im Namen <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong> in <strong>des</strong>sen zweitausendjähriger Geschichte<br />
verübt worden seien 34 . Sein Fazit: Jesus von Nazareth ist nicht der Gottmensch, sondern<br />
der Menschengott 35 , womit er das christliche Grunddogma von der hypostatischen Union<br />
als absurde Konstruktion entlarven zu können vermeint. - Merkwürdig ist die Feststellung<br />
Gerhard Szczesnys, <strong>des</strong> Begründers der Humanistischen Union, im Christentum werde das<br />
autoritär-patriarchalische Verhältnis der Christen zum Stifter <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong> verabsolutiert<br />
32 Vgl. ebd., 84.<br />
33 Karl Heinz Deschner, Hrsg., Das Christentum im Urteil seiner Gegner II, Wiesbaden 1971, 270.<br />
34 Ebd.<br />
35 Der Mythos <strong>des</strong> Sisyphos, Verlag Rauch, Düsseldorf, S. 89; vgl. Karl Heinz Deschner, Hrsg., Das Christentum im Urteil<br />
seiner Gegner II, Wiesbaden 1971, 273.