Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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Unser deutsches Wort „glauben“ ist verwandt mit dem Wort „lieben“. Im Deutschen hängen<br />
die Worte „glauben“ und „lieben“ und „geloben“ etymologisch zusammen. Der englische<br />
Theologe John Henry Newman (+ 1890) erklärt einmal: „Wir glauben, weil wir lieben“ – „we<br />
believe because we love“ 89 . Auch die Liebe hat ihre rationalen Grundlagen, wie überhaupt jede<br />
ethische Entscheidung ihre rationalen Grundlagen hat. Aber ihr eigentliches Zentrum, das<br />
eigentliche Zentrum der Liebe, liegt im Bereich <strong>des</strong> Willens. Das ist bei der Liebe nicht<br />
anders als beim Glauben.<br />
Sofern die Offenbarung die Kommunikation Gottes mit dem Menschen zum Ziel hat, ist der<br />
Glaube, die Antwort <strong>des</strong> Menschen auf die Offenbarung, seinem Wesen nach zunächst vertrauensvolle<br />
Hingabe.<br />
Wenn das Glauben in diesem Sinne als das entscheidende Characteristicum <strong>des</strong> Christlichen<br />
bezeichnet wird, so darf dabei nicht übersehen werden, dass das Christentum bei sehr vielen<br />
Christen so nicht verstanden und gelebt wird, dass es in der Regel vielmehr als ein System<br />
vorgefundener Lebensformen verstanden wird, die man schlecht und recht übernimmt 90 , wenn<br />
man sich nicht überhaupt schon lange distanziert hat von dem ererbten Christentum, praktisch<br />
oder theoretisch oder theoretisch und praktisch.<br />
Die entscheidende Voraussetzung <strong>des</strong> christlichen Glaubens ist die, dass unsere raumzeitliche<br />
Welt nicht die ganze Wirklichkeit ist. Das aber ist nicht eine Option 91 , sondern das Ergebnis<br />
eines einfachen Schlussverfahrens, gründend in der Evidenz <strong>des</strong> Kausalsprinzips. - Der Glaube<br />
geht davon aus, dass es neben unserer Erfahrungswelt eine qualitativ jenseitige Welt gibt,<br />
deren Existenz mit Hilfe <strong>des</strong> Kausalprinzips erschlossen werden kann.<br />
Im Glaubensbegriff ist die absolute Transzendenz Gottes, die Überzeugung, dass Gott in unzugänglichem<br />
Licht wohnt, dass er außerhalb unserer raumzeitlichen Welt existiert und für<br />
uns immer unsichtbar und ungreifbar bleibt, so sehr auch unser Blickfeld ausgeweitet wird.<br />
Das ist ein integrales Moment <strong>des</strong> christlichen Glaubens.<br />
89 John Henry Newman, Zur Philosophie und <strong>Theologie</strong> <strong>des</strong> Glaubens I, Mainz 1936, 82.<br />
90 Joseph Ratzinger, Einführung in das Christentum.Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis, München<br />
8 1968, 26.<br />
91 So ebd., 27.