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Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute

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findet ihre Begründung nicht im Anspruch dieses Propheten, sie ist eine spätere Zutat seiner<br />

Jünger, wie auch die Wunder, die man ihm zuschreibt, eine spätere Zutat seiner Jünger sind,<br />

anders als das bei Jesus der Fall ist. Im Unterschied zu Jesus bindet Buddha bei aller Souveränität<br />

und bei aller Eindrucksmächtigkeit nicht an seine Person, sondern an die vier Wahrheiten<br />

und an den achtteiligen Pfad. Er tritt letztlich zurück hinter seine Lehre, auch er, wie im<br />

Grunde alle Religionsstifter, hinter seine Philosophie, so müsste man seine originäre Lehre eigentlich<br />

nennen. Der Weg <strong>des</strong> Heiles ist für Buddha die Lehre, und der Buddha-Jünger kann<br />

diesen Weg aus eigener Kraft gehen, ohne die Hilfe <strong>des</strong> Lehrers, wenn er die Lehre einmal erkannt<br />

hat.<br />

Weil es im Christentum nicht um eine Lehre, sondern um eine Person geht, <strong>des</strong>halb ist im<br />

Grunde auch der Terminus „Christentum“ fragwürdig. Ich sprach davon, dass es in der Apostelgeschichte<br />

wiederholt als Weg bezeichnet wird, als Weg <strong>des</strong> Heiles. Der Terminus „Christentum“<br />

für diese Gegebenheit ist von daher nicht ganz angemessen, weil man die hier gemeinte<br />

Realität im Grunde nicht mit einer abstrakten Wesensbestimmung kennzeichnen kann.<br />

Bei einer solchen abstrakten Wesensbestimmung denken wir an ein System. Das Christen-tum<br />

ist aber nicht ein System, wie es philosophische oder ethische Systeme gibt.<br />

Gewiss ist das Christsein auch die Bejahung einer Wahrheit, die Bejahung von Wahrheiten,<br />

oder die Befolgung eines Ethos - das ist es auch, wesenhaft und notwendig -, aber zunächst ist<br />

es die Bejahung einer lebendigen Person und die Begegnung mit ihr 119 .<br />

Wir kommen damit zu einem weiteren Formelement <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>, zu einem fünften. Hier<br />

handelt es sich um das, was wir als Toleranz bezeichnen. Toleranz meint Duldsamkeit. Trotz<br />

der Hinordnung <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong> auf die Wahrheit oder auch wegen dieser seiner<br />

Hinordnung auf sie ist das Christentum nicht unduldsam. Die Toleranz <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong> ergibt<br />

sich in erster Linie aus seiner Christuszentriertheit, die sich primär in der Liebe zu allen<br />

Menschen auswirkt. Die Toleranz ist, christlich verstanden, nicht auf Inhalte hin ausgerichtet,<br />

sondern auf Personen. Nach christlichem Toleranzverständnis hat nicht der Irrtum ein Daseinsrecht,<br />

wohl jedoch der irrende Mensch. In klassischer Weise hat der Kirchenvater Augustinus<br />

(+ 430) das zum Ausdruck gebracht, wenn er erklärt: „Liebe den Irrenden, aber hasse<br />

den Irrtum“. So entspricht es der Praxis Jesu. Das Liebesgebot <strong>des</strong> Neuen Testamentes bezieht<br />

sich auf Menschen, nicht auf Ideen, erst recht nicht auf falsche.<br />

119 Michael Schmaus, Das Wesen <strong>des</strong> <strong>Christentums</strong>, Westheim b. Augsburg 1947, 13 f.

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