Grundwahrheiten des Christentums - Theologie heute
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von seinen Händen oder von seinem Zorn. Dennoch wird niemals eine körperliche Gestalt<br />
Gottes wirklich greifbar. In den Theophanie-Schilderungen, etwa Ex 24, 10 f oder Jes 6, und<br />
in der theologischen Diskussion um den Bilderkult, Dtn 4, 9 - 24, wird sie ausdrücklich abgewehrt.<br />
Dabei werden Gott all jene Akte und Eigenschaften, die einer geistig-sittlichen Person<br />
zu eigen sind, Erkenntnis, Weisheit, freie Entscheidung, sittlicher Wille, Gerechtigkeit, Güte,<br />
Treue, Liebe, in vollem und vollendetem Maß beigelegt, gelegentlich wird sogar deren völliges<br />
Anderssein bei Gott unterstrichen, derweil die physischen Bedürfnisse der Menschen im<br />
Hinblick auf Gott ausdrücklich negiert werden, physische Be-dürfnisse wie Essen und Trinken,<br />
Schlafen, Ermüden usw. In den Anthropomorphismen geht es darum, dem Menschen die<br />
Persönlichkeit <strong>des</strong> lebendigen Gottes nahezubringen. Das interpretieren wir nicht in das Alte<br />
Testament hin. Das Bewusstsein, dass die Anthropomorphismen bildhaften Charakter haben,<br />
davon bringt das Alte Testament selber bereits zum Ausdruck. Das kommt vor allem in dem<br />
absoluten Verbot zum Ausdruck, Gott bildhaft darzustellen. Das Bilderverbot, wie es im<br />
zweiten Gebot <strong>des</strong> Dekalogs artikuliert wird, ist zentral für das Alte Testament.<br />
ב<br />
Ausdruck der Personalität eines Menschen ist im Verständnis Israels vor allem das Sprechenkönnen<br />
und das Sprechen. Durch die Sprache unterscheidet sich der Mensch von der Tierwelt.<br />
Das Tier ist im Hebräischen das stumme Wesen, ,“בּהמה„ „behema“. Selbst das Denken<br />
bezeichnet der Israelit als Sprechen, als Sprechen im Innern. Dementsprechend erfährt er<br />
Gottes Personalität in erster Linie in der Offenbarung, der das Volk ja seine Existenz verdankt.<br />
Thematisiert wird die Personalität Gottes in den Augen <strong>des</strong> Israeliten vor allem in der<br />
Freiheit seines Willens und in der Souveränität seines Waltens.<br />
Die Personalität Gottes ist in diesem Verständnis nicht nur im zeitgeschichtlichen Kontext der<br />
Antike ein Ärgernis. Bis in die Gegenwart hinein hat man daran immer wieder Anstoß genommen.<br />
Früher freilich in anderer Weise als <strong>heute</strong>. Wiederholt haben Theologen gemeint,<br />
Gott sei nicht personal, sondern überpersonal. Sie übersehen, dass der Begriff der Personalität<br />
als solcher, Personalität als In-sich-selbst-Sein, keine Unvollkommenheit in sich schließt, dass<br />
es kein höheres Sein geben kann als das personale. Eine Wesenheit, die ihrer selbst mächtig<br />
ist, ein Selbstsein mit Intellekt und Wille, Höheres gibt es nicht. Deswegen ist der Begriff<br />
„Überperson“ verfehlt. Zwar überragt Gott, die ungeschaffene Person, die geschaffene Personalität<br />
<strong>des</strong> Menschen um ein Unendliches, wie das ungeschaffene Sein Gottes das geschaffene<br />
Sein um ein Unendliches überragt, aber dank <strong>des</strong> Ursache-Wirkung-Verhältnisses besteht<br />
hier eine Analogie, eine Proportionalitätsanalogie im eigentlichen Sinne. Das heißt: Es besteht