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122 DAMALS<br />
Simon Reynolds<br />
No Future!<br />
Der Autor von »Retromania« über die feinen Retro-Unterschie<strong>de</strong>.<br />
Dein Buch<br />
als Retro bezeichnen. In <strong>de</strong>r<br />
t r ä g t <strong>de</strong>n<br />
Folk- und Bluesszene <strong>de</strong>r<br />
Titel »Retromania«.<br />
Was<br />
mit neuen elektrifizierten In-<br />
1960er wur<strong>de</strong>n alte Formen<br />
be<strong>de</strong>utet das?<br />
strumenten und Verstärkern<br />
Retro im Pop hat eine lange<br />
gefüllt. Die Texte han<strong>de</strong>lten<br />
Geschichte, die min<strong>de</strong>stens bis<br />
vom Leben <strong>de</strong>r Boheme o<strong>de</strong>r Gegenkultur.<br />
Das passierte sowohl im<br />
in die 1960er zurückgeht. Aber im<br />
letzten Jahrzehnt wur<strong>de</strong> Retro zur<br />
Kontext von Jugendkulturen als auch<br />
Manie. Ein archivarisches Delirium hat<br />
in kommerzieller Massenunterhaltung.<br />
Mo<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 1950er Jahre<br />
Pop im Allgemeinen - und Popmusik im<br />
Retro ist es dagegen, wenn Rock auf seine<br />
Beson<strong>de</strong>ren erfasst. Dieses Phänomen hat mit<br />
eigene Geschichte zurückfällt. Das erste Beispiel<br />
<strong>de</strong>m Siegeszug <strong>de</strong>s Internets und <strong>de</strong>r allgemeinen<br />
dafür ist vermutlich Glam Rock mit seiner Beschwörung<br />
<strong>de</strong>s Rock‘n‘Roll <strong>de</strong>r 1950er. Mit Glam Rock wur<strong>de</strong> Rock<br />
Verfügbarkeit von Breitband-Anschlüssen seit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 90er<br />
zu tun. Der kanadische Theoretiker Will Straw hat einmal angemerkt, selbstreflexiv und blickte auf sein eigenes »Gol<strong>de</strong>nes Zeitalter« zurück.<br />
dass das Paradoxe an »neuen Medien« sei, dass <strong>de</strong>r größte Teil <strong>de</strong>r Inhalte, Ist die von dir beschriebene Retromanie ein Jugendphänomen?<br />
die auf diesen Geräten vertrieben, gespeichert und geteilt wer<strong>de</strong>n, schon Das Phänomen fin<strong>de</strong>t man in allen Altersgruppen. Aber junge Menschen<br />
alt ist. Es herrscht ein digitales Regime <strong>de</strong>s totalen und unmittelbaren sind beson<strong>de</strong>rs versiert darin, sich durch das Archiv <strong>de</strong>s Internets zu<br />
Zugangs zu <strong>de</strong>n kulturellen Artefakten <strong>de</strong>r Vergangenheit – eine Form <strong>de</strong>s bewegen. Ich kenne junge Musiker und Blogger, die mit einer unvorstellbaren<br />
Menge und Breite an Musik vertraut sind. In ihrem Alter<br />
Überflusses, die zu einer Art Zwangslage und zu einer Krise gewor<strong>de</strong>n ist.<br />
Aber was genau ist neu daran, dass Pop in die Vergangenheit schaut? hätte ich das alles niemals gewusst, weil mein Zugang auf die Musik, die<br />
Schon in <strong>de</strong>n 1950ern haben sich die Teddy Boys über aus <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong> ich mir leisten konnte, beschränkt war. Die Geschichte von Popmusik<br />
gekommene Kleidung i<strong>de</strong>ntifiziert.<br />
kann man sich heute durchs Netz erschließen, während ich meinen<br />
Die Teddy Boys sind interessant: In <strong>de</strong>n späten 1940ern war es unter Kopf noch in Büchern versenken musste, die teuer und nicht in je<strong>de</strong>r<br />
Männern <strong>de</strong>r Oberklasse Londons populär, sich im Stil <strong>de</strong>s edwardianischen<br />
Gentleman aus <strong>de</strong>r Zeit um 1900 zu klei<strong>de</strong>n. Dahinter steckte die über Pop als heute.<br />
Bibliothek verfügbar waren. Außer<strong>de</strong>m gab es viel weniger Literatur<br />
Sehnsucht nach einer Zeit, in <strong>de</strong>r die Klassengrenzen noch fein säuberlich Wie universell ist diese Manie?<br />
<strong>de</strong>finiert waren. Aber die Teddy Boys waren nicht nostalgisch, son<strong>de</strong>rn Etwas bewahren zu müssen ist eine sehr westliche I<strong>de</strong>e. Sie ist auch dort<br />
von <strong>de</strong>n Assoziationen mit <strong>de</strong>m Lifestyle <strong>de</strong>r Oberschicht angezogen. an die Zugehörigkeit zu einer gewissen Klasse und Ethnie gebun<strong>de</strong>n.<br />
<strong>Als</strong>o eigneten sie sich diesen Stil unverfroren an. <strong>Als</strong> »Teddy-Boy-Look« Die I<strong>de</strong>e von »Vintage Chic« funktioniert in <strong>de</strong>n Gesellschaftsschichten<br />
wur<strong>de</strong> er nicht mit <strong>de</strong>n guten alten Zeiten und <strong>de</strong>r herrschen<strong>de</strong>n Klasse, nicht, in <strong>de</strong>nen Secondhand-Kleidung das Stigma von Armut anhaftet.<br />
son<strong>de</strong>rn mit vandalischen Jugendlichen und Rock‘n‘Roll assoziiert. Ich Ebenso gibt es in afroamerikanischen Musikkulturen keine so stark<br />
wür<strong>de</strong> historische Elemente in Musik o<strong>de</strong>r Jugendkultur nicht per se ausgeprägte Ten<strong>de</strong>nz zu Retro und Nostalgie. Es existiert zwar eine<br />
Foto: PYMCA