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HEUTE 053<br />

Thees Uhlmann<br />

Super-Grobi<br />

hält die Welt in Atem<br />

Er hat sich die Band Tomte ausgedacht, etwas später mit Marcus Wiebusch von Kettcar das Label Grand<br />

Hotel Van Cleef auf <strong>de</strong>r Siegerstraße ins Parkverbot gestellt – und wur<strong>de</strong> so zu einem <strong>de</strong>r erfolgreichsten<br />

<strong>de</strong>utschen Selfma<strong>de</strong>-Indies überhaupt. Die charismatische Mischung aus Super-Grobi und Terence Hill steht<br />

für Authentizität, Bierglimmer, Oasis, Emo und die Faust in <strong>de</strong>r Luft. Und jetzt steht er ganz für sich allein:<br />

Thees ist solo. Linus Volkmann hat’s gecheckt und Annette Schimek fotografiert.<br />

Tomte war nie bekannt für ein stabiles Line-up –<br />

warum wolltest du diese Soloplatte trotz<strong>de</strong>m nicht<br />

einfach auch unter <strong>de</strong>m Namen Tomte führen?<br />

Es hatte sich über die Jahre so ein Tomte-Thees-<br />

Uhlmann-Style entwickelt – das ist vielleicht keine<br />

eigenständige Kunstform, aber es ist sehr konkret die Sicht<br />

auf die Welt durch die Augen von Thees Uhlmann. Aber<br />

das Ganze war zuletzt so mächtig für mich gewor<strong>de</strong>n, ich<br />

musste mich jetzt unbedingt an eine Sache setzen, die keine<br />

Geschichte hat. Die nur mir verpflichtet ist. Und bei Tomte<br />

ist das schon so, da gehe ich in <strong>de</strong>n Proberaum und [lacht]<br />

egal, wer da dann halt rumsteht, nee, also wenn Max und<br />

Dennis da stehen, stelle ich <strong>de</strong>nen einen Song vor, <strong>de</strong>n ich<br />

mir so und so gedacht habe – und ich möchte <strong>de</strong>nen auch<br />

gefallen. Allein solche Instanzen wollte ich jetzt von vornherein<br />

rausnehmen.<br />

Trotz<strong>de</strong>m steht eine Soloplatte doch immer im Ruch <strong>de</strong>s<br />

ganz Beson<strong>de</strong>ren, <strong>de</strong>s noch Persönlicheren. War es wirklich<br />

einfach für dich, die Songs zu schreiben?<br />

Ich habe Tobias Kuhn gefragt, ob er mir helfen kann, und<br />

er sagte: »Ja, Thees, mache ich. Und ich habe auch schon<br />

einen Einfall, du spielst nur Klavier!« Das hat mich sofort<br />

gereizt – nach all <strong>de</strong>n Jahren an <strong>de</strong>r Gitarre. Und textlich<br />

wollte ich einen an<strong>de</strong>ren Weg gehen. Deutlich wird das bei<br />

<strong>de</strong>m Stück »Das Mädchen von Kasse Drei«. Da war ich bei<br />

Schlecker, vor mir ein reicher Sack in <strong>de</strong>r Schlange, <strong>de</strong>r sich<br />

aufregte, wie lange das dauern wür<strong>de</strong>, weil die noch nicht<br />

so geschickt war mit <strong>de</strong>m Scanner. Bei Tomte wäre sicher<br />

<strong>de</strong>r unfreundliche Arsch als Motiv in <strong>de</strong>n Text eingeflossen,<br />

bei Thees Uhlmann jetzt mache ich einfach einen<br />

Song für die Kassiererin. Sicher zeichnen sich<br />

Schleckerverkäuferinnen nicht durch<br />

Rock’n’Roll-Fachkenntnisse aus und hören<br />

wahrscheinlich auch ganz an<strong>de</strong>re Musik. Aber darum geht<br />

es mir nicht; es geht darum, dass Leute für vierhun<strong>de</strong>rt<br />

Euro im Monat je<strong>de</strong>n Tag an <strong>de</strong>r Kasse stehen, dafür wird<br />

mal Respekt gegeben.<br />

Spielte <strong>de</strong>r Ärzte-Song »Das Mädchen von Kasse Vier« bei<br />

<strong>de</strong>inem Titel eine Rolle?<br />

Nee, das musste ich mir durch an<strong>de</strong>re sagen lassen. Bei<br />

Tomte hätte es dann geheißen: »Das kann man dann nicht<br />

machen!« Und jetzt habe ich nur gedacht: »Die Ärzte haben<br />

einen ähnlichen Titel? Ist doch super!«<br />

Dieses greifbare Moment habe ich bei <strong>de</strong>n letzten Tomte-<br />

Platten sehr vermisst. Statt<strong>de</strong>ssen schien da je<strong>de</strong> Einszu-eins-Aussage<br />

unerwünscht, und sehr viel wur<strong>de</strong> verklausuliert.<br />

Bei so was wie »Der letzte große Wal« war ich<br />

daher echt draußen. Ich hasse es ja auch, wenn man nichts<br />

versteht und wenn Künstler ihre Scheißtexte nicht mal<br />

erklären wollen. »Soll sich je<strong>de</strong>r seinen Teil zu <strong>de</strong>nken.«<br />

Komm, fuck!<br />

Geht mir genauso! Denn die Kommunikation einer Band<br />

mit <strong>de</strong>n Leuten ist letztlich bloß ein Ritual: »Wir machen<br />

alle drei Jahre eine Platte, dann lest ihr unsere Interviews,<br />

dann kauft ihr unsere CD, verschenkt eine vielleicht weiter<br />

o<strong>de</strong>r brennt sie allen euren Kumpels, dann gehen wir auf<br />

Tour, ihr guckt euch möglichst zwei Shows an, kauft das<br />

T-Shirt, und in drei Jahren treffen wir uns wie<strong>de</strong>r.« Das<br />

ist mir zu langweilig! Ich will Auskunft geben – natürlich<br />

auch in <strong>de</strong>n Texten. Wenn mich wer fragt, worum geht es<br />

bei »Die Nacht war kurz, ich steh’ früh auf«, dann sage ich:<br />

»Das han<strong>de</strong>lt davon, dass ich bis zwei Uhr morgens in <strong>de</strong>r<br />

Kneipe war und um halb sieben aufgestan<strong>de</strong>n bin, weil ich<br />

mit meinem Kind auf <strong>de</strong>n Spielplatz gehe.« Ein Song verliert<br />

doch nicht dadurch, dass man ihn versteht o<strong>de</strong>r dass ich<br />

ihn erklären kann.<br />

Auf <strong>de</strong>r ganzen Soloplatte kommt man ja auch mit weniger<br />

Erklärungen aus, alles ist viel direkter. Wie ergab sich das?<br />

Noch ein Beispiel: Ich kam mit einer Klavierskizze bei Tobias<br />

Kuhn an, er komponierte und arrangierte das fertig – und<br />

dann fehlte noch <strong>de</strong>r Text. Da hat er mir geraten: »Schreib<br />

doch einfach nur, wie es ist, auf <strong>de</strong>m Dorf groß zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Bist doch eh die ganze Zeit in Hemmoor.« Dann habe ich mir<br />

an<strong>de</strong>re Sachen in <strong>de</strong>r Richtung angehört und gemerkt, wie<br />

simpel man sein kann, ohne dass es an Intensität verliert.<br />

Max und Dennis<br />

Bei jener Tomte-Kerngruppe<br />

han<strong>de</strong>lt es sich um Max<br />

Schrö<strong>de</strong>r (solo als Home<br />

Of Lame aktiv, sonst noch<br />

unter an<strong>de</strong>rem bei Hansen<br />

und Olli Schulz, verheiratet<br />

mit Heike Makatsch) und<br />

um Dennis Becker (unter<br />

an<strong>de</strong>rem bei Olli Schulz,<br />

marr, Walter Schreifels<br />

und <strong>de</strong>m Label Cobretti<br />

involviert).<br />

Tobias Kuhn<br />

Ehemaliger Musiker <strong>de</strong>r<br />

Band Miles, mittlerweile unter<br />

an<strong>de</strong>rem als Produzent<br />

und Songschreiber tätig.<br />

Das Mädchen von<br />

Kasse Vier<br />

Eigentlich heißt das Ärzte-<br />

Stück »Roter Minirock«,<br />

<strong>de</strong>r hier überlieferte Kassen-<br />

Slogan fungiert allerdings<br />

als Refrain. Zu fin<strong>de</strong>n ist<br />

es auf <strong>de</strong>m Album »Debil«<br />

von 1984.<br />

Der letzte große Wal<br />

Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um<br />

die Single <strong>de</strong>s letzten Tomte-<br />

Albums »Heureka«.

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