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HEUTE 067<br />
»Tiny & Big« befin<strong>de</strong>t sich noch in Produktion.<br />
— www.tinyandbig.com<br />
»Spirits« steht in <strong>de</strong>r Tradition von »Lemmings«.<br />
— www.spacesofplay.com<br />
Genash! Spak!<br />
»Wir können davon leben«<br />
Nun, nicht je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Indie-Entwickler arbeitet zwingend<br />
alleine. Ein radikal an<strong>de</strong>res Spiel entwickeln fünf<br />
junge Männer gemeinsam in Kassel. Game-Designer Florian<br />
Grolig erklärt, worauf es in »Tiny & Big« ankommt: auf<br />
»konstruktives Zerstören, realistische Physik, <strong>de</strong>n Schnei<strong>de</strong>mechanismus<br />
und die Illustrationen unseres Creative<br />
Directors für <strong>de</strong>n Look«. Das klingt seriöser als »eine Comicfigur<br />
zerschnei<strong>de</strong>t auf <strong>de</strong>r Jagd nach <strong>de</strong>r gestohlenen<br />
Feinrippunterhose <strong>de</strong>s Großvaters je<strong>de</strong>s Hin<strong>de</strong>rnis«. Den<br />
nüchtern <strong>de</strong>finierten Kern benötigt das Black Pants Game<br />
Studio, um schneller ans Ziel zu kommen. Auch fin<strong>de</strong>n es<br />
die Kasseler »wichtig, die meiste Zeit am gleichen Ort zu<br />
arbeiten«. Atmosphäre, Kommunikation und Arbeitstempo<br />
schätzt Sebastian Stamm, <strong>de</strong>r Mann hinter <strong>de</strong>r wahnwitzigen<br />
Optik, besser ein, wenn man keine »langen Chatsitzungen<br />
und größere Planungen« ertragen muss. Und<br />
sogar Kassel spielt mit: Der rege Austausch<br />
zwischen <strong>de</strong>n Unifachbereichen Software<br />
Engineering und Illustration / Trickfilm helfe<br />
bei <strong>de</strong>r Entwicklung. Hat Kassel also das Zeug<br />
zum Indiemekka? Nicht ganz: »Was man hier<br />
vermisst, ist eine lebhafte Entwicklerszene.«<br />
Auch Black Pants <strong>de</strong>nken vor allem an San Francisco,<br />
wenn sie Kollegen treffen wollen, setzen auf<br />
Englisch als Spielsprache und wissen nicht, ob sie in Kassel<br />
bleiben wer<strong>de</strong>n. »Tiny & Big« könnte <strong>de</strong>n Umzug finanzieren<br />
– schon die Gratis-Vorabversion für Windows, Mac und<br />
Linux erregt Aufsehen, gewinnt Fans und Entwicklerpreise.<br />
Spaces of Play<br />
Black Pants Game Studio<br />
Die Betreiber lernten sich Mitte <strong>de</strong>r Nullerjahre<br />
an <strong>de</strong>r FH Potsdam kennen. Mattias<br />
Ljungström unterrichtete dort Game Design,<br />
Marek Plichta und Andreas Zecher<br />
waren seine Stu<strong>de</strong>nten. Später kam<br />
Sound-Designer Martin Straka dazu.<br />
Schon seit 2002 hatten Johannes Spohr, Christian<br />
Niemand und Sebastian Schulz an ihrer eigenen<br />
Engine gearbeitet. Zum fertigen Spiel fehlten<br />
noch Arbeitskraft und Künstler. Bei<strong>de</strong>s fan<strong>de</strong>n<br />
sie 2009 an <strong>de</strong>r Kasseler Kunsthochschule. Sebastian<br />
Stamm übernahm Story und Optik,<br />
Florian Grolig das Game-Design.<br />
Das Studio Spaces of Play hat immerhin schon ein Büro in<br />
Berlin. Vielleicht könnte man die Miete sparen? »Mattias und<br />
Marek arbeiten in Berlin, Martin in Karlsruhe und Andreas<br />
in Stockholm. Wir arbeiten oft über das Internet«, erklären<br />
sie. So viel zur Arbeit am gleichen Ort – bei Spaces<br />
of Play sind selbst Lan<strong>de</strong>sgrenzen unwichtig. Die<br />
Szene vernetzt sich online und trifft sich auf internationalen<br />
Konferenzen. »Spirits«, ein Spiel für<br />
iPad und iPhone, war schon auf Festivals in Tokio,<br />
Los Angeles, Las Vegas, Berlin, Malmö und Rio <strong>de</strong><br />
Janeiro eingela<strong>de</strong>n. Im Game wer<strong>de</strong>n Geistergruppen<br />
zum Ausgang gelotst, ein bisschen wie im Klassiker<br />
»Lemmings« (»uns stört <strong>de</strong>r Vergleich nicht«). Mit <strong>de</strong>n süßen<br />
Schirmkopfgeistern, verhuschter Orchestermusik und<br />
intuitiver Touchscreen-Steuerung ist es trotz Kopfnüssen<br />
»harmonisch und poetisch«, sagen Spieler. Und »Spirits«<br />
ist weiter als »TRAUMA« o<strong>de</strong>r »Tiny & Big« — man kann<br />
es schon für knapp vier Euro (iPad-Version) kaufen. Aber<br />
lohnt sich das Entwickeln überhaupt? »Wir können davon<br />
leben, aber I<strong>de</strong>alismus und Risikobereitschaft sind unser<br />
täglich Brot.« Das vierköpfige Team weiß, warum es sich<br />
das antut: »Digitale Spiele sind ein vielseitiges Medium<br />
mit viel unausgeschöpftem Potenzial. <strong>Als</strong> Designer kann<br />
man neue Wege gehen.« Wo man die geht, ist offenbar<br />
egal. Hauptsache, die Internetverbindung ist schnell genug.<br />
Krystian, Black Pants und Spaces of Play entwickeln mit<br />
verschie<strong>de</strong>nen Metho<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne Spiele für verschie<strong>de</strong>ne<br />
Plattformen. Gemeinsamkeiten? Sie lieben ihren Job.