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Fotos: Bernina<br />
Im Jahr 2010 habe Bernina allerdings<br />
mehr Umsatz gemacht.<br />
Kreative Selbstverwirklichung<br />
Bernina ist <strong>de</strong>r einzige Nähmaschinenhersteller,<br />
<strong>de</strong>r noch in Europa produziert.<br />
Das Herkunftsland, die Schweiz,<br />
ist Teil <strong>de</strong>r Firmenphilosophie, <strong>de</strong>nn<br />
wie kaum ein an<strong>de</strong>res Land steht sie<br />
für Qualität und Präzision. »Das, was<br />
Bernina schafft, soll Generationen<br />
überdauern«, so Fluri. An<strong>de</strong>rs als früher<br />
ist es heute nicht mehr nur die<br />
Oma, die nähend und stopfend an <strong>de</strong>r<br />
Maschine sitzt, son<strong>de</strong>rn es sind auch<br />
Mutter und Tochter. Seit fünf, sechs Jahren<br />
sei in <strong>de</strong>r Branche ein Trend zum<br />
Selbermachen zu beobachten, so Fluri,<br />
»und selbstverständlich wollen wir daran<br />
partizipieren«. Heißt: Zu Berninas<br />
Zielgruppen gehören nicht länger nur<br />
die quilten<strong>de</strong>n Damen mittleren o<strong>de</strong>r<br />
reiferen Alters, von <strong>de</strong>n Steckbornern<br />
liebevoll »Barb« und »Linda« genannt,<br />
son<strong>de</strong>rn auch »Amy«, die Stu<strong>de</strong>ntin, die<br />
sich ihre Klamotten selber näht. Weil<br />
sie dann hipper sind als die bei H&M<br />
von <strong>de</strong>r Stange. Aus <strong>de</strong>r Nutznäherin<br />
von damals ist die Lustnäherin von<br />
heute gewor<strong>de</strong>n. Ein Trend, von <strong>de</strong>m<br />
auch E-Commerce-Portale wie Dawanda.<strong>de</strong><br />
o<strong>de</strong>r Etsy.com profitieren, dort<br />
wird Selbstgemachtes ausgestellt und<br />
verkauft.<br />
Vor drei Jahren hat sich Bernina dazu<br />
entschlossen, jünger zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Erst einmal musste eine neue Markensprache<br />
her, die neben <strong>de</strong>n »Lindas«<br />
und »Barbs« auch die »Amys« verstehen.<br />
Dazu spreche Bernina die Emotionen<br />
an, welche allen Näherinnen<br />
gemeinsam seien, so Fluri. »Einerseits<br />
die Lei<strong>de</strong>nschaft, welche beim Anfertigen<br />
eigener Klei<strong>de</strong>r, Quilts o<strong>de</strong>r Dekorgegenstän<strong>de</strong><br />
im Spiel ist, an<strong>de</strong>rerseits<br />
<strong>de</strong>n Stolz, welche die Schöpferinnen<br />
auf ihr Werk hegen. In Werbesujets<br />
wer<strong>de</strong>n diese Emotionen inhaltlich<br />
und gestalterisch verknüpft mit <strong>de</strong>r<br />
Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r Produkte aus<br />
<strong>de</strong>m Haus Bernina.«<br />
So wird seit <strong>de</strong>m Relaunch beispielsweise<br />
mit <strong>de</strong>m Motiv einer Frau in<br />
einem blauen Sommerkleid inseriert,<br />
p Strategie nÄHEN ALS lIFESTYLE<br />
Bernina International AG baut Nähmaschinen.<br />
Die Schweizer Firma ist vergleichsweise<br />
klein, gehört aber zu <strong>de</strong>n<br />
technischen Innovationsführern <strong>de</strong>r Branche.<br />
Auch in Sachen Marketing überlässt<br />
Bernina nichts <strong>de</strong>m Zufall. Mit einer neu<br />
kreierten Markensprache reagiert das<br />
Unternehmen auf eine immer heterogener<br />
wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Zielgruppe.<br />
p Ausgangslage: Der Trend <strong>de</strong>r kreativen<br />
Selbstverwirklichung bringt immer<br />
mehr Frauen, vor allem jüngere, an die Nähmaschine.<br />
Nun gehört nicht nur die quilten<strong>de</strong><br />
Lady zu Berninas Zielgruppe, son<strong>de</strong>rn auch die<br />
hippe Stu<strong>de</strong>ntin. Doch wie die neue Zielgruppe<br />
ansprechen, ohne die alte zu vergraulen?<br />
p Strategie: Die Schweizer entwickeln eine<br />
neue Markensprache, die die technischen<br />
die <strong>de</strong>m Betrachter erklärt, dass für die<br />
Fertigung ihres Kleidungsstückes nicht<br />
nur vier Meter indische Sei<strong>de</strong> und ein<br />
Schnittmuster nötig waren, son<strong>de</strong>rn<br />
auch drei trübe Regentage und sieben<br />
Stücke von Omas Schokokuchen.<br />
Direkt unter <strong>de</strong>m Motiv ein Kasten mit<br />
Infos zu Bernina und <strong>de</strong>r Bernina 530.<br />
Nicht nur in Zeitschriften wie <strong>de</strong>m<br />
Patchwork-Magazin, Cut, Burda o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r firmeneigenen Inspiration erzählt<br />
Bernina solche Minigeschichten, son<strong>de</strong>rn<br />
auch in POS-Materialien wie Broschüren,<br />
Postern und natürlich auf <strong>de</strong>r<br />
firmeneigenen Website, die jetzt sehr<br />
viel aufgeräumter wirkt als früher.<br />
Virtuelle Sogwirkung<br />
Auch <strong>de</strong>r Fachhan<strong>de</strong>l wur<strong>de</strong> auf das<br />
neue Markenbild eingeschworen. Um<br />
die Präsentation <strong>de</strong>r Nähmaschinen am<br />
POS auf ein Niveau anzuheben, das <strong>de</strong>r<br />
Marktpositionierung entspricht, entwickelte<br />
Bernina im Jahr 2011 ein flexibles<br />
Regalsystem mit Zusatzmodulen,<br />
das in je<strong>de</strong>n La<strong>de</strong>n passt und die Marke<br />
Bernina in Szene setzt. Im Jahr 2012<br />
ließen sich 120 Händler, von <strong>de</strong>nen die<br />
meisten neben Bernina auch an<strong>de</strong>re<br />
Möglichkeiten einer Bernina-Nähmaschine<br />
doppelt verknüpft – erstens mit <strong>de</strong>m Näherlebnis<br />
selbst, zweitens mit <strong>de</strong>m Stolz, <strong>de</strong>r<br />
beim Selbermachen entsteht. Die stark emotional<br />
aufgela<strong>de</strong>ne Botschaft wird konsequent<br />
durch<strong>de</strong>kliniert – auf Visitenkarten und auf<br />
<strong>de</strong>r Homepage, in Broschüren und Anzeigen<br />
sowie bei <strong>de</strong>n Händlern. Parallel dazu erzeugt<br />
Bernina mit viel Präsenz in <strong>de</strong>n sozialen Netzwerken<br />
eine virtuelle Sogwirkung, die immer<br />
mehr Userinnen auf die firmeneigene Website<br />
treibt.<br />
p Ergebnis: Noch wirkt sich Berninas Engagement<br />
nicht auf die Umsätze aus. Aber seine<br />
Online-Kun<strong>de</strong>nkontakte konnte das Unternehmen<br />
durch seine virtuelle Umtriebigkeit<br />
auf allen Social-Media-Kanälen und seiner<br />
neuen serarch-engine-optimierten Website in<br />
nur drei Jahren nahezu verdoppeln.<br />
Marken führen, einen <strong>de</strong>rartigen Shop<br />
im Shop einrichten. Im laufen<strong>de</strong>n Jahr<br />
wur<strong>de</strong>n bereits 60 Bestellungen abgewickelt.<br />
Bernina bezuschusst <strong>de</strong>n Ausbau.<br />
Weiter eröffneten die Schweizer<br />
im September 2011 in Zürich einen Flagshipstore,<br />
<strong>de</strong>r auch als Veranstaltungsort<br />
genutzt wird, um das Nähen zum<br />
Gemeinschaftserlebnis zu machen. Parallel<br />
dazu regt Bernina in eigenen Blogs<br />
und sozialen Netzwerken wie Facebook,<br />
Youtube o<strong>de</strong>r Pinterest zum Austausch<br />
an. So viel virtuelles Engagement zahlt<br />
sich aus. Fluri ist sich sicher, dass dort<br />
je<strong>de</strong> Menge Traffic generiert wird, <strong>de</strong>r<br />
auf Bernina.com lan<strong>de</strong>t. »Dank unserer<br />
neuen, inhaltreichen und Search-<br />
Engine optimierten Website sowie gezielter<br />
Bewirtschaftung aller relevanten<br />
Social-Media-Kanäle konnten wir im<br />
Jahr 2012 mehr als fünf Millionen Online-Kun<strong>de</strong>nkontakte<br />
verzeichnen, also<br />
fast doppelt so viele wie im Jahr 2009.«<br />
Dass »Amy«, »Barb« und »Linda« stolz darauf<br />
sind, was sie an ihrer Nähmaschine<br />
alles schaffen, intensiviert das virtuelle<br />
Miteinan<strong>de</strong>r im Netz. Bernina weiß<br />
darum und mischt tüchtig mit. Aber<br />
vor allem auf.<br />
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06/2013 www.acquisa.<strong>de</strong> 51