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Wissenschaftliche Arbeitsgruppe - Katholisch.de

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Alkoholismus war ein weitverbreitetes Phänomen. Erst ab 1967 - nach <strong>de</strong>n Reformen - konnte die <br />

evangelikale Missionskirche Unión Misionera Evangélica <strong>de</strong> Chimborazo (UMECH) wesentlich erstarken.<br />

Mit Hilfe ausländischer Missionare, die zweisprachige Radiostationen (Quechua, spanisch), Krankenhäuser<br />

und Schulen eröffnet hatten und die Bibel in die Quechua-Sprache übersetzt hatten, wur<strong>de</strong>n immer mehr<br />

autochthone Kongregationen gegrün<strong>de</strong>t. Im August 1986 zählte man 320 davon mit jeweils einem eigenen<br />

Vorsteher und sechs o<strong>de</strong>r sieben Diakonen. 38 Prozent <strong>de</strong>r Gesamtbevölkerung <strong>de</strong>r Provinz sollen heute zur<br />

UMECH gehören (Rohr 1991:115). Im Kanton von Colta und in einigen an<strong>de</strong>ren Orten <strong>de</strong>r Provinz ist trotz<br />

aller Bemühungen <strong>de</strong>r Anhänger <strong>de</strong>r Theologie <strong>de</strong>r Befreiung und <strong>de</strong>s Bischofes von Chimborazo, Mgr.<br />

Proaño, die katholische Kirche völlig verschwun<strong>de</strong>n.<br />

Die ersten Unabhängigen Kirchen Schwarzafrikas sind in Zeiten von Verelendung, Weltkriegen,<br />

Lokalkonflikten, Landraub, Ausbeutung, Diskriminierung, wirtschaftlichen Krisen und von Epi<strong>de</strong>mien in<br />

<strong>de</strong>n ländlichen Gebieten Afrikas gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n. Ihre Anzahl ist im Gefolge <strong>de</strong>r Ausweitung<br />

„kapitalistischer“ Beziehungen und <strong>de</strong>r Proletarisierung stark gewachsen (Krüger 1989:74-75). Dürreperio<strong>de</strong>n<br />

haben diesen Prozeß begünstigt. So wur<strong>de</strong>n z.B. nach einer Heuschreckenplage, welche die<br />

schlimmen Folgen <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Krise <strong>de</strong>r 30er Jahre noch unerträglicher machte, die zwei Apostolic<br />

Churches, die Apostles of John Maranke und die Apostles of John Masowe, im östlichen Teil Süd-<br />

Rho<strong>de</strong>siens gegrün<strong>de</strong>t (Jules-Rosette 1987:24).<br />

Die Aladura-Bewegung ist in <strong>de</strong>n 20er Jahren in Nigeria nach einer tödlichen Influenza-Epi<strong>de</strong>mie (1918)<br />

und einer Pestepi<strong>de</strong>mie (1924-1926) entstan<strong>de</strong>n. Gleich danach sind die Weltpreise für Kakao rapi<strong>de</strong><br />

gestürzt, eine Katastrophe für das ganze Yorubaland, wo die Prophetenbewegungen sich schnell verbreiten<br />

konnten. 1919 gab es auch in Belgisch Kongo eine verheeren<strong>de</strong> Grippenseuche. 1920 fielen dort die Preise<br />

<strong>de</strong>r Palmnüsse, und im ganzen Land herrschte eine dramatische Rezession. Ein Jahr danach begann die<br />

Verkündigung <strong>de</strong>s Propheten Simon Kimbangu.<br />

Soziale bzw. politische Unruhen und wirtschaftliche Krisen haben aber nicht nur die Armen verunsichert,<br />

son<strong>de</strong>rn auch die mit <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Exportproduktion und <strong>de</strong>r Industrialisierung entstan<strong>de</strong>ne<br />

neue Mittel- und Oberschicht <strong>de</strong>r südlichen Hemisphäre. Viele Intellektuelle lei<strong>de</strong>n unter einem Gefühl<br />

relativer Deprivation. Trotz großer Anstrengungen ist es jedoch in Lateinamerika nur wenigen etablierten<br />

Pfingstkirchen gelungen, in diesen Bevölkerungsschichten Anhänger zu gewinnen. Die Reichen und<br />

Gebil<strong>de</strong>ten vermischen sich nur ungern mit armen Analphabeten in Lumpen. Sie ertragen nicht die gereizte<br />

Religiosität <strong>de</strong>r Armen. Auch die Umbanda-Anhänger <strong>de</strong>r Mittelschicht verkehren normalerweise nicht<br />

mit <strong>de</strong>n Umbandisten <strong>de</strong>r Unterschicht, die eine afrikanische Version <strong>de</strong>r Umbanda betonen und vom<br />

„mo<strong>de</strong>rnen“ Spiritismus à la Allan Kar<strong>de</strong>c weniger beeinflußt wur<strong>de</strong>n (Brown 1985:24). Wenn die Reichen<br />

zu bibelfundamentalistischen Gruppen übergehen, dann eher zu <strong>de</strong>n neopfingstlichen bzw. <br />

charismatischen Bewegungen, in <strong>de</strong>nen es nicht selten zum guten Ton gehört, mit dreiteiligen<br />

Herrenanzügen und Krawatten zu erscheinen. Endzeiterwartungen, Zungenre<strong>de</strong>n und ekstatische<br />

Erfahrungen wer<strong>de</strong>n dort weniger betont als die Kraft <strong>de</strong>s Heiligen Geistes, mit Hilfe <strong>de</strong>ssen die Eliten<br />

erhoffen, ihre Macht erhalten zu können (Schäfer 1992:64). Es ist sogar schon vorgekommen, daß die<br />

„Kraft <strong>de</strong>s Heiligen Geistes“ direkt gegen die Guerilla eingesetzt wur<strong>de</strong>: Wie schon erwähnt, beteiligten<br />

sich Älteste <strong>de</strong>r neopfingstlichen Kirche von Ríos Montt, El Verbo, an Operationen <strong>de</strong>r Armee gegen die<br />

Guerilleros. Francisco Castillo, ein Verbo-Ältester und Privatsekretär <strong>de</strong>s Generals behauptete:<br />

„Der Heilige Geist hat sich mit unseren Spezialeinheiten (<strong>de</strong>n Kaibiles) und <strong>de</strong>n<br />

paramilitärischen Gruppen, die gegen die Rebellen kämpfen, vereinigt [...]<br />

Durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist ist Gott einer <strong>de</strong>r wichtigsten Spionageagenten <strong>de</strong>r<br />

Regierung“ (In: Schulze 1987:30).<br />

Der Heilige Geist habe ihm im Traum ein Guerillanetz gezeigt, das von <strong>de</strong>r Armee erobert wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

In Schwarzafrika scheint <strong>de</strong>r Erfolg <strong>de</strong>r Pfingstkirchen wie <strong>de</strong>r Assemblies of God in <strong>de</strong>n<br />

gesellschaftlich höheren Klassen größer zu sein als in <strong>de</strong>r Unterschicht, vielleicht weil ihre überethnische<br />

Komponente, ihr urbaner Charakter und ihre enge Beziehung zur westlichen Welt sie in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r<br />

führen<strong>de</strong>n Schicht als „mo<strong>de</strong>rnere“ religiöse Organisationen erscheinen lassen (Hackett 1989:145-148).<br />

Aber auch viele spirituelle unabhängige Kirchen rekrutieren ihre Anhänger in allen Schichten <strong>de</strong>r<br />

Bevölkerung. Einige haben sogar „geheime“ Anhänger unter <strong>de</strong>n Politikern: Die nigerianische <br />

Brotherhood of the Cross and Star lockt die Elite mit <strong>de</strong>m Versprechen an, sie könne bei ihr eine bessere<br />

Gesundheit, mehr Reichtum, Kin<strong>de</strong>r, Popularität und Macht erhalten (Mbon 1987:215). Meuer ist<br />

außer<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Meinung, daß für die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mittel- und Oberschicht die spirituellen Kirchen als eine

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