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Wissenschaftliche Arbeitsgruppe - Katholisch.de

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Pius Ngandu spricht von <strong>de</strong>r brutalen wirtschaftlichen und institutionellen Gewalt, unter <strong>de</strong>r die zairische<br />

Bevölkerung tagtäglich zu lei<strong>de</strong>n hat. Aufgrund ständiger Bedrohung streben die Menschen nach innerer<br />

Sicherheit, Reinigung, Katharsis (psychologische Befreiung) und Exorzismus (Ngandu 1990:15).<br />

Auf <strong>de</strong>n Philippinen versetzen ständige Putschversuche, steigen<strong>de</strong> Kriminalität und Armut sowie<br />

Naturkatastrophen die Bewohner <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s in Existenzängste. Sie sehnen sich <strong>de</strong>shalb nach einer<br />

übernatürlichen Kraft, die ihnen helfen kann (Härpfer / Rafael 1991:19).<br />

Obgleich die ekstatischen Erfahrungen unterschiedlicher Art sind, spielt dabei die Trance fast in allen<br />

unabhängigen Religionsgemeinschaften eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> und befreien<strong>de</strong> Rolle. Sie steht im Mittelpunkt <strong>de</strong>r<br />

Kulthandlung <strong>de</strong>r Afroamerikanischen Religionen. Siebeneichler erläutert, daß<br />

„in Candomblé <strong>de</strong>r Orixá [Geister o<strong>de</strong>r Gottheit] im tanzen<strong>de</strong>n Vollzug <strong>de</strong>s ihm<br />

eigenen rhythmisch-musikalischen Motivs <strong>de</strong>n Filho-<strong>de</strong>-Santo o<strong>de</strong>r die Filha<strong>de</strong>-Santo<br />

ergreift; in <strong>de</strong>r Macumba wer<strong>de</strong>n die Geister durch ihre pontos<br />

cantados o<strong>de</strong>r pontos riscados (musikalische o<strong>de</strong>r graphische Zeichen)<br />

herabgerufen“ (Siebeneichler 1976:108).<br />

Unter <strong>de</strong>n Pfingstlern, <strong>de</strong>n Neopfingstlern und <strong>de</strong>n Anhängern spiritueller unabhängiger Kirchen nehmen<br />

die ekstatischen Zustän<strong>de</strong> die Form <strong>de</strong>r „Taufe im Heiligen Geist“, <strong>de</strong>s Zungenre<strong>de</strong>ns, <strong>de</strong>s Weinens und<br />

Brüllens, von wil<strong>de</strong>n Tänzen, von Visionen und Prophezeiungen an. Nach Siebeneichler sind in<br />

Lateinamerika die Afrobrasilianer ganz beson<strong>de</strong>rs<br />

„für diese ekstatische Erfahrung in einer bestimmten Weise prädisponiert: Fast<br />

alle, die sich zum Pentecostismo bekehren, geraten schon während <strong>de</strong>r ,Taufe<br />

im Wasser‘ in <strong>de</strong>n ekstatischen Zustand“ (Siebeneichler 1976:108; vgl. auch<br />

Deiros 1991:161).<br />

Unter <strong>de</strong>n Vorfahren <strong>de</strong>r Afrobrasilianer war ohnehin die Trance ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Bestandteil <strong>de</strong>r<br />

Altreligionen.<br />

Neben geistiger Heilung durch kathartische Erfahrungen haben die meisten spirituellen Kirchen auch<br />

Kulthandlungen für die Heilung von Krankheiten und die Befreiung von Nöten entwickelt. Wie<br />

Siebeneichler bemerkt, ist diese Art von Heilung von großer Wichtigkeit in Län<strong>de</strong>rn, in <strong>de</strong>nen<br />

„Ärzte und Krankenhäuser immer noch für Privilegierte da sind und die Kosten<br />

für Medikamente die Kaufkraft <strong>de</strong>r großen Mehrheit übersteigen“<br />

(Siebeneichler 1976:103).<br />

Einige spirituelle religiöse Bewegungen betonen diese Dimension ganz beson<strong>de</strong>rs, wie z.B. die Église libre<br />

du Christ sauveur <strong>de</strong>s Propheten Nkuna Batubenga in Zaire, die von allen ihren Glie<strong>de</strong>rn die Macht zu<br />

heilen, die Dämonen auszutreiben, in Zungen zu re<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Zauberern zu wi<strong>de</strong>rstehen und Schlangen mit<br />

bloßen Hän<strong>de</strong>n zu fangen for<strong>de</strong>rt (Ngandu 1990:121).<br />

Der magischen Heilung kommt in <strong>de</strong>n Afroamerikanischen Religionen ebenfalls eine große Be<strong>de</strong>utung<br />

zu. Eine Feldforschung von Ari Pedro Oro hat gezeigt, daß in Brasilien <strong>de</strong>r Hauptgrund für <strong>de</strong>n Beitritt zu<br />

<strong>de</strong>n Afrobrasilianischen Religionen bei 90 Prozent <strong>de</strong>r Nachfahren von italienischen und <strong>de</strong>utschen<br />

Einwan<strong>de</strong>rern eine persönliche Erfahrung von Wun<strong>de</strong>rheilung war (Oro 1989:127). Des weiteren stellt<br />

Graham M.S. fest:<br />

„In the Brazilian context of urban powerlessness, the possibility of magical<br />

power can be un<strong>de</strong>rstood as possessing a certain appeal for the umbandista. A<br />

protective <strong>de</strong>vice, magic is regar<strong>de</strong>d as having the potential to thwart his enemies<br />

(sacred or secular) and to remedy the current unbalance of social injustice.<br />

At the collective level, magic may be consi<strong>de</strong>red as contributing to umbandista<br />

in-group solidarity and of reinforcing its opposition to rival religious bodies“<br />

(Dann 1979:214).

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