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Wissenschaftliche Arbeitsgruppe - Katholisch.de

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zwischen 1944 und 1946: Die Mobilmachung <strong>de</strong>r Schwarzen 1942 hatte von 1944 bis 1945 zu massiven<br />

Unruhen und Meutereien in Lubumbashi, in <strong>de</strong>r Shaba- und <strong>de</strong>r Kasai-Region, in Kinshasa und im<br />

Nie<strong>de</strong>ren Zaire geführt. Die Nie<strong>de</strong>rlage Belgiens in Europa hatte in <strong>de</strong>r schwarzen Bevölkerung die<br />

Hoffnung geweckt, die Schwarzen könnten bald durch die Deutschen bzw. die Amerikaner von <strong>de</strong>r<br />

Kolonialmacht befreit wer<strong>de</strong>n. Simon Mpadi, <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Mpadismus, schrieb z.B. damals: „Die<br />

Deutschen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Krieg gewinnen ... Der <strong>de</strong>utsche König wird in Kongo schwarze Amerikaner<br />

kommen lassen. Er wird alle ausländischen Missionare vertreiben und <strong>de</strong>n Schwarzen die Möglichkeit<br />

geben, ihren Gott anzubeten.“ Es ist aber zu beachten, daß immerhin noch 15,8 Prozent <strong>de</strong>r Verbannungen<br />

zwischen 1947 und 1957, <strong>de</strong>n wirtschaftlich blühen<strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>s Kolonialzeitalters, vollzogen wur<strong>de</strong>n.<br />

Dies zeigt, daß die spirituellen Kirchen nicht nur aufgrund von Umbrüchen entstan<strong>de</strong>n sind, son<strong>de</strong>rn vor<br />

allem als Protestbewegungen gegen <strong>de</strong>n Kolonialismus (Saint Moulin / Modio, im Druck).<br />

Es wur<strong>de</strong> vorher darauf hingewiesen, daß in <strong>de</strong>r Kolonialzeit und zur Zeit <strong>de</strong>r Apartheid in Südafrika viele<br />

unabhängige Kirchen unmittelbar o<strong>de</strong>r mittelbar als Wi<strong>de</strong>rstands- o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st Protestbewegungen<br />

gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n:<br />

„Anhand <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r unabhängigen Kirchenbewegung wird aber<br />

<strong>de</strong>utlich, daß die Entstehung dieser Kirchen nicht nur <strong>de</strong>m Wunsch nach einem<br />

,place to feel‘ at home, einer afrikanischen Form von Christentum entspringt,<br />

son<strong>de</strong>rn daß es sich hier um eine Bewegung han<strong>de</strong>lt, die sich in <strong>de</strong>n<br />

unterschiedlichen historischen Perio<strong>de</strong>n aktiv und offensiv mit <strong>de</strong>m<br />

Kolonialismus und <strong>de</strong>r Apartheid auseinan<strong>de</strong>rgesetzt hat und in ihren<br />

verschie<strong>de</strong>nen Erscheinungsformen diesen gesellschaftlichen Verhältnissen<br />

eigene Konzepte gegenüberstellte“ (Krüger 1989:13).<br />

Selbst wenn die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>r Kolonialherrschaft nicht im Vor<strong>de</strong>rgrund <strong>de</strong>r Lehre eines<br />

Propheten und seiner direkten Nachfolger stand, konnte sein Messianismus die Bildung politischengagierter<br />

Bewegungen för<strong>de</strong>rn. So sind aus <strong>de</strong>r sechsmonatigen Verkündigung einer neuen religiösen<br />

Gegengesellschaft vom Propheten <strong>de</strong>r Kikongo 1921 am Nie<strong>de</strong>ren Kongo, Simon Kimbangu, die politisch<br />

orientierten Bewegungen <strong>de</strong>s Ngounzismus und Mpadismus im Belgisch-Kongo (Zaire) entstan<strong>de</strong>n (Asch<br />

1983:31-33). Auch <strong>de</strong>r Prophet und „König“ <strong>de</strong>r Kitawala-Bewegung im Belgisch-Kongo, Bushiri,<br />

predigte und kämpfte gegen die Unterdrückung. Nach einem Generalstreik <strong>de</strong>r schwarzen Bergarbeiter von<br />

Masisi-Lubutu 1944 wur<strong>de</strong> er festgenommen und erhängt (Mwene-Baten<strong>de</strong> 1976:88-92). Es bleibt<br />

umstritten, ob <strong>de</strong>r Kimbanguismus selbst ( unter <strong>de</strong>r moralischen Leitung von Kimbangus Frau Marie-<br />

Mwilu und später von <strong>de</strong>ren jüngstem Sohn, Josel Diangienda Kuntima) vor 1960 vor <strong>de</strong>r Unabhängigkeit<br />

<strong>de</strong>r Republik <strong>de</strong>s Kongo, politisch aktiv war (Asch 1983:43-51; Jules-Rosette 1987:21). Nach Susan Asch<br />

verkörperte Simon Kimbangu zumin<strong>de</strong>st die Hoffnung vieler, eines Tages vom Kolonialismus befreit zu<br />

wer<strong>de</strong>n. Er wur<strong>de</strong> als „Befreier <strong>de</strong>r schwarzen Rasse“ betrachtet. Kurz vor <strong>de</strong>r Unabhängigkeit versicherte<br />

jedoch die 1956 gegrün<strong>de</strong>te Église <strong>de</strong> Jesus-Christ sur Terre par le Prophète Simon Kimbangu (EJCSK<br />

= „Kirche Jesu Christi auf Er<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m Propheten Simon Kimbangu“) <strong>de</strong>r Kolonialmacht ihre politische<br />

Neutralität und erhielt am 24. Dezember 1959 als Gegenleistung die offizielle Anerkennung. Während <strong>de</strong>r<br />

Sezession Katangas stand die EJCSK <strong>de</strong>r politischen Partei ABAKO (Association culturelle <strong>de</strong>s Bakongo)<br />

und <strong>de</strong>m Präsi<strong>de</strong>nten Kasa-Vubu sehr nahe, was nicht verhin<strong>de</strong>rte, daß sie nach <strong>de</strong>r Machtergreifung<br />

Mobutus 1965 voll und ganz das neue diktatorische Regime unterstützte (Asch 1983:128-135).<br />

Da viele Sekten <strong>de</strong>r südlichen Hemisphäre lower-class solidarity movements (Willems 1967) sind, stellen<br />

sie schon als solche Protestbewegungen dar. Nach Willems gilt:<br />

„The Pentecostal sects are protest movements against the existing class structure,<br />

while the historical churches, to the extent that they inclu<strong>de</strong> members of<br />

the middle and upper classes, clearly accept such traditional values as educational<br />

and occupational achievements, wealth, political power positions and the<br />

like. In fact, they attempt to reconcile class tensions and antagonism in their<br />

own structures. Their accommodative attitu<strong>de</strong> makes them less attractive to

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