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Wissenschaftliche Arbeitsgruppe - Katholisch.de

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Um zu heilen, wird in <strong>de</strong>n kleinen wildwachsen<strong>de</strong>n terreiros <strong>de</strong>r Umbanda auch Schwarze Magie<br />

angewen<strong>de</strong>t. Die Furcht vor dieser Zauberkunst, die gelegentlich von <strong>de</strong>r Führung als Druckmittel benutzt<br />

wird, erklärt, wieso <strong>de</strong>r Pfingstprotestantismus, <strong>de</strong>r - zumin<strong>de</strong>st in seiner ursprünglichen Form - nur im<br />

Namen Jesu heilt, immer mehr Zulauf bekommt.<br />

In Lateinamerika und in <strong>de</strong>r Karibik betrachten die meisten Pfingstler das Besessensein von geistigen<br />

Mächten bei <strong>de</strong>n Umbanda-Anhängern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Anhängern <strong>de</strong>s Candomblés bzw. <strong>de</strong>r Macumba als<br />

satanisch und suchen die Geister - die Orixás, die sie als Dämonen verpönen - mit Hilfe <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Geistes auszutreiben. Vor allem Exu (<strong>de</strong>r Gottesbote und Geist <strong>de</strong>r Verwirrung 17 ), die Pomba Gira (die<br />

Frau von Exu, Symbol für die Prostitution) und Ogum (<strong>de</strong>r Kriegsgott) wer<strong>de</strong>n im Gottesdienst - manchmal<br />

auch in <strong>de</strong>n religiösen Fernsehshows - beschworen. Die Orixás sollen Krebs, AIDS und an<strong>de</strong>re Krankheiten<br />

verursachen. Der Ethnologe Jacques Gutwirth berichtet, daß in <strong>de</strong>r brasilianischen Igreja Universal do<br />

Reino <strong>de</strong> Deus die Gläubigen die bösen Geister aus <strong>de</strong>m Körper <strong>de</strong>r früheren Mitglie<strong>de</strong>r einer <br />

Afroamerikanischen Religion austreiben, in<strong>de</strong>m sie „sai, sai Exu“ (geh aus, geh aus Exu!) singen und <strong>de</strong>r<br />

Pastor „Brenn, geh aus, Exu, schwarze Kappe, geh aus <strong>de</strong>m Leib dieses Mannes bzw. dieser Frau“ brüllt.<br />

Rosen, die von <strong>de</strong>n Teilnehmern <strong>de</strong>r Igreja Universal mitgebracht wur<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n eingesammelt und mit<br />

Fürbittezetteln in großen Urnen auf <strong>de</strong>m Po<strong>de</strong>st verbrannt. Die Rosen waren eine Woche lang in <strong>de</strong>n<br />

Wohnungen <strong>de</strong>r Gläubigen und sollen das Böse auf sich gela<strong>de</strong>n haben (Gutwirth 1991:105-107; vgl. auch<br />

Brandão 1986:280 u. 1987:72 u. Moreira 1993:36).<br />

Die Geisterbeschwörung bei <strong>de</strong>n Pfingstlern ist nicht nur das Ergebnis <strong>de</strong>r Rivalität <strong>de</strong>r Pfingstkirchen<br />

mit <strong>de</strong>n Afroamerikanischen Religionen, die sich bei<strong>de</strong> um dieselbe Klientel streiten. Es han<strong>de</strong>lt sich vor<br />

allem trotz aller „magischen“ Handlungen um eine Entzauberung - und daher auch um eine<br />

Entmythologisierung - <strong>de</strong>r befürchteten Macht <strong>de</strong>r Geister. Dadurch entsteht also auch ein gewisser<br />

Rationalisierungsprozeß (Basti<strong>de</strong> 1960:515; Hollenweger 1969:103; Martin 1990).<br />

Die Frage, ob viele Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Pfingstkirchen heimlich regelmäßig in die Kultstätte <strong>de</strong>r <br />

Afroamerikanischen Religionen gehen, wie Monique <strong>de</strong> Saint-Martin (1984) und Claudia Fonseca<br />

(1991:131) behaupten, bleibt offen. Nach Allard Willemier Westra sind es in <strong>de</strong>r brasilianischen Kleinstadt<br />

Alagoinhas (Bahía) nur einige Pfingstler, die sich trauen, in die terreiros <strong>de</strong>s Candomblé zu schleichen, um<br />

geheilt zu wer<strong>de</strong>n. Sie tun dies allerdings nur im Schutze <strong>de</strong>r Dunkelheit und wenn ihre Lage verzweifelt ist<br />

(Westra 1991:117).<br />

In Afrika scheint dagegen die Mobilität zwischen <strong>de</strong>n Pfingstkirchen, <strong>de</strong>n spirituellen unabhängigen<br />

Kirchen, <strong>de</strong>n Heilungskirchen und <strong>de</strong>n neuen esoterischen Gruppen wie <strong>de</strong>n Rosenkreuzlern größer zu sein.<br />

Hackett erklärt dieses Phänomen mit <strong>de</strong>m Pragmatismus <strong>de</strong>r Afrikaner: Sie suchen sich die spirituelle<br />

Kirche mit <strong>de</strong>r größtmöglichen supranaturalen Macht aus. Auch die geographische Mobilität <strong>de</strong>r Afrikaner<br />

und die straffen disziplinären Maßnahmen <strong>de</strong>r Religionsgemeinschaften im Falle eines Bruches ihres<br />

Gebotsko<strong>de</strong>xes begünstigen ein solches Verhalten. 18 Die religiöse Mobilität ist aber viel größer in <strong>de</strong>r<br />

Oberschicht als in <strong>de</strong>r Unterschicht, und die Antwort <strong>de</strong>r religiösen Bewegungen dazu unterschiedlich:<br />

„The spiritual churches exhibit a mixed response to the phenomenon of fluidity<br />

and mobility amongst their members - some emphasize exclusivism through a<br />

variety of ritual and symbolic mechanisms (such as the Brotherhood and the<br />

Celestial Church of Christ), other exhibit a remarkable flexibility such as the<br />

Friends of Jesus Church which invites potential members to indicate on card<br />

17 In <strong>de</strong>r Umbanda wird zwischen <strong>de</strong>n radikalen bösen „heidnischen Exus“ und <strong>de</strong>n<br />

„getauften Exus“, die das Gute im Herzen <strong>de</strong>s Bösen tun, unterschie<strong>de</strong>n. Die Geister<br />

bzw. Gottheiten können in <strong>de</strong>n jeweiligen Afroamerikanischen Religionen<br />

verschie<strong>de</strong>ne Funktionen haben. Im Candomblé Nagô ist Exu <strong>de</strong>r Gott <strong>de</strong>r Wagentüren<br />

und Straßenkreuzungen, <strong>de</strong>r zu allen Himmelssphären Zugang hat (Ortiz 1979).<br />

18 Die Bapostolo stehen sogar im Verdacht, manchmal die To<strong>de</strong>sstrafe zu vollziehen.<br />

Vom Tod - durch magische Kräfte - ist auch <strong>de</strong>rjenige bedroht, <strong>de</strong>r die Initiationsgeheimnisse<br />

<strong>de</strong>r zairischen Église du Dieu d’Amour veröffentlicht (Ngandu 1990:99 u.<br />

107).

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