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Book of ABSTRACTS - Institut für Journalistik und ...

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Markus Schäfer<br />

Persönlichkeitsschutz vor Suizidprävention: Die Spruchpraxis des Deutschen<br />

Presserates zu Beschwerden zur Suizidberichterstattung<br />

Der Fokus kommunikationswissenschaftlicher Forschung zum Thema „Medien <strong>und</strong> Suizide“ liegt<br />

bislang vornehmlich auf den möglichen Wirkungen medienvermittelter Suizidinhalte. Die Ergebnisse<br />

internationaler Studien zum sogenannten „Werther-Effekt“ (Philipps, 1974) lassen dabei kaum mehr<br />

Zweifel daran, dass die mediale Berichterstattung über Suizide unter bestimmten Umständen<br />

weitere Suizide nach sich ziehen kann (u.a. Pirkis & Blood, 2001a; Stack, 2000). Anders sieht es <strong>für</strong> die<br />

Seite der Kommunikatoren aus. Die Frage, wie Medien über Suizide berichten, ist weitgehend<br />

vernachlässigt. Und die Frage, warum Journalisten wie über Suizide berichten, wird bislang<br />

schlichtweg nicht gestellt.<br />

Dieser Bef<strong>und</strong> ist gleich aus mehreren Gründen erstaunlich. Zum einen machen die Ergebnisse<br />

bisheriger Studien deutlich, dass die Wirkung medialer Suizidberichterstattung <strong>of</strong>fenbar nicht nur<br />

davon abhängt, ob ein Suizid berichtet wird, sondern vor allem davon, wie die Berichterstattung im<br />

konkreten Fall aussieht. Zum anderen scheint es gerade aus Sicht der Suizidprävention sinnvoll, die<br />

spezifischen Beweggründe <strong>für</strong> bzw. die Einflüsse auf Journalistenentscheidungen im Zuge der<br />

Suizidberichterstattung zu kennen, um geeignete Konzepte zur gezielten Ansprache von Journalisten<br />

entwickeln <strong>und</strong> umsetzen zu können.<br />

Dass die Umsetzung solcher Konzepte im Hinblick auf eine verantwortungsvolle<br />

Mediensuizidberichterstattung auch in Deutschland dringend notwendig wäre, belegen u.a. neue<br />

Untersuchungsergebnisse zur Darstellung von Prominentensuiziden in der deutschen Presse (Schäfer<br />

& Quiring, 2013). Zwar existieren inzwischen auch hierzulande zum Teil sehr detaillierte<br />

Empfehlungen <strong>für</strong> die Suizidberichterstattung von Seiten der Suizidprävention, die sich überwiegend<br />

aus den Bef<strong>und</strong>en der empirischen Forschung zum Werther-Effekt ableiten lassen (u.a. Brosius,<br />

Hegerl & Ziegler, 2009; Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Suizidprävention, 2006). Allerdings scheinen diese<br />

Hinweise in der Berichterstattung deutscher Medien bislang nicht ausreichend Berücksichtigung zu<br />

finden.<br />

Eine Ursache hier<strong>für</strong> könnte im journalistischen Berufsverständnis liegen. Möglicherweise empfinden<br />

Journalisten eine zurückhaltende Suizidberichterstattung als eine Art Herunterspielen von<br />

Informationen <strong>und</strong> damit als Verstoß gegen zentrale journalistische Prinzipien. Tatsächlich sieht es<br />

der Deutsche Journalisten-Verband (2009) als zentrale Aufgabe von Journalisten an, „Sachverhalte<br />

oder Vorgänge öffentlich zu machen, deren Kenntnis <strong>für</strong> die Gesellschaft von allgemeiner, politischer,<br />

wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung ist.“ Allerdings verpflichte die journalistische Arbeit auch<br />

„zu besonderer Sorgfalt, zur Achtung der Menschenwürde <strong>und</strong> zur Einhaltung von Gr<strong>und</strong>sätzen, wie<br />

sie im Pressekodex des Deutschen Presserats festgelegt sind.“ Dem Pressekodex als dem wichtigsten<br />

Orientierungspunkt journalistische Berufsethik in Deutschland sollte damit auch <strong>und</strong> gerade bei<br />

einem so sensiblen Thema wie der Suizidberichterstattung ein besonderer Stellenwert zukommen.<br />

Der Pressekodex wird vom Deutschen Presserat <strong>und</strong> den journalistischen Berufsorganisationen<br />

beschlossen <strong>und</strong> umfasst die zentralen publizistischen Gr<strong>und</strong>sätze des Journalismus in Deutschland.<br />

<strong>Book</strong> <strong>of</strong> Abstracts I 29

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