BOR_II-2013 - Wirtschaft aktuell online
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SERVICE<br />
Sicher ist sicher<br />
In Zeiten, in denen es mit der Zahlungsmoral mitunter nicht allzu weit her ist, ist die Absicherung der eigenen Forderungen für jeden<br />
Kaufmann ein Dauerthema. Denn Zahlungen per „Vorkasse“ sind die Ausnahme, zahllose Insolvenzen indes bittere Realität. Unternehmen,<br />
die das wohlverdiente Geld für gelieferte Waren oder Dienstleistungen bekommen wollen, müssen sich entsprechend absichern.<br />
Wie Unternehmer ihre Forderung sichern können, erklärt Rechtsanwalt Dr. Helmut Bäumer, Partner der Coesfelder Kanzlei Dr. Rehse &<br />
Partner, für <strong>Wirtschaft</strong> <strong>aktuell</strong>. „Es ist eine Frage der ‚Marktmacht’, ob man solche Sicherheiten durchsetzen kann“, betont er.<br />
1. Der Klassiker: die Bürgschaft<br />
Eine Bürgschaft ist das Einstehen für<br />
fremde Schuld. Der Bürge tritt also<br />
neben dem Kunden (im Folgenden<br />
Schuldner) für eine Forderung ein,<br />
wenn der Schuldner nicht zahlen<br />
kann oder will. Dabei unterscheidet<br />
man zwischen zahlreichen Bürgschaftsarten<br />
und -formen. So gibt es<br />
zum Beispiel befristete oder unbefristete<br />
Bürgschaften, Bürgschaften, die<br />
der Höhe nach begrenzt oder unbegrenzt<br />
sind, oder Bürgschaften auf<br />
erstes Anfordern und vieles mehr.<br />
Ein Fallbeispiel: Der Geschäftsführer<br />
einer GmbH bürgt auch persönlich<br />
für die Forderung an sein Unternehmen<br />
oder stellt eine Bankbürgschaft.<br />
Fällt die GmbH als Schuldnerin<br />
aus, haftet der Geschäftsführer also<br />
auch persönlich als Bürge. Zahlt der<br />
Schuldner dagegen, wird die Bürgschaft<br />
hinfällig, weil sie an der Forderung<br />
„hängt“, im Juristendeutsch<br />
spricht man von „Akzessorietät“.<br />
Grundsätzlich sind Bürgschaften<br />
gesetzlich geregelt. Während Vollkaufleute<br />
auch mündlich eine Bürgschaft<br />
übernehmen können, bedarf<br />
eine Bürgschaft im „Normalfall“ der<br />
Schriftform.<br />
2. Patronatserklärung<br />
Die Patronatserklärung ist ein Sammelbegriff<br />
für eine gesetzlich nicht<br />
geregelte, schuldrechtliche Erklärung<br />
im Gesellschaftsrecht, wonach ein<br />
Unternehmen („Patron“) dafür sorgen<br />
wird, dass eine Tochtergesellschaft<br />
ihren Zahlungsverpflichtungen<br />
nachkommen kann. So kann eine<br />
größere Aktiengesellschaft als Muttergesellschaft<br />
im Zuge einer Patronatserklärung<br />
zusichern, dass sie ihre<br />
Tochterunternehmen in jedem Fall<br />
mit ausreichenden Mitteln ausstattet,<br />
um entsprechende Forderungen zu<br />
begleichen.<br />
Grundsätzlich gibt es „weiche“ Patronatserklärungen,<br />
die nur eine<br />
unverbindliche Absichtserklärung<br />
darstellen, und „harte“ Patronatserklärungen,<br />
die in der Wirkung einer<br />
Bürgschaft ähnlich sind. Der Patron<br />
haftet dann gesamtschuldnerisch mit<br />
der Schuldnerin.<br />
Foto: istockphoto.com<br />
Um bei Geschäften nicht leer auszugehen, sollten sich Unternehmen absichern.<br />
3. Schuldbeitritt<br />
(Schuldmitübernahme)<br />
Bei einem Schuldbeitritt tritt ein Dritter,<br />
neben dem Schuldner, als „zweiter<br />
Schuldner“ auf. Der Gläubiger kann<br />
dann auswählen, welchen Schuldner<br />
er in die Pflicht nehmen will. Ein<br />
Schuldbeitritt ist als Sicherheit noch<br />
einfacher und schneller in Anspruch<br />
zu nehmen als eine Bürgschaft.<br />
4. Eigentumsvorbehalt<br />
Verkäufer veräußern ihre Waren (bei<br />
Dienstleistungen ist das nicht möglich)<br />
unter dem Vorbehalt, dass der<br />
Schuldner erst Eigentümer wird, wenn<br />
er vollständig bezahlt hat. Zahlt er<br />
nicht fristgerecht, kann der Verkäufer<br />
die Waren zurückverlangen. Das<br />
Prozedere hat allerdings zwei entscheidende<br />
Nachteile: Zum einen steht für<br />
den Verkäufer zu befürchten, dass er<br />
seine Ware in einem deutlich schlechteren<br />
Zustand zurückbekommt, und<br />
zum anderen kommt es immer wieder<br />
vor, dass solche Forderungen ins<br />
Leere gehen, weil die verkauften Waren<br />
bereits eingebaut, vermischt, weiterveräußert<br />
etc. wurden. Dennoch:<br />
Unternehmen sollten ihre Waren zur<br />
Wahrung der eigenen Rechtsposition<br />
immer unter Eigentumsvorbehalt<br />
veräußern. Allerdings sind die Details<br />
durchaus kompliziert und sollten an<br />
die speziellen Warengruppen angepasst<br />
werden.<br />
5. Sicherungsübereignung,<br />
Verpfändung<br />
Zur Absicherung einer Forderung<br />
kann sich ein Gläubiger von seinem<br />
Schuldner auch Vermögensgegenstände<br />
(Auto, Wohnwagen, Schmuck etc.)<br />
„sicherungsübereignen“ lassen. Auch<br />
Gesellschaftsanteile, Aktiendepots<br />
etc. kommen dafür infrage. Zahlt der<br />
Schuldner nicht, kann der Gläubiger<br />
das Sicherungsgut verwerten.<br />
6. Factoring<br />
Factoring ist eine Finanzdienstleistung,<br />
mit der ein Gläubiger seine<br />
Forderung praktisch an einen Dienstleister,<br />
den sogenannten Factor, weiterverkaufen<br />
kann. Der Factor zahlt<br />
dem Gläubiger dafür den Rechnungsbetrag<br />
abzüglich der Gebühren und<br />
Sicherheitseinbehalte und der Gläubiger<br />
tritt das Risiko an den Dienstleister<br />
ab. Klingt simpel und sicher,<br />
hat aber unter Umständen auch seine<br />
Tücken: Factoring-Unternehmen sind<br />
„Vollprofis“ und haben Klauselwerke,<br />
die ein Gläubiger in jedem Fall genau<br />
prüfen sollte. Es gibt nämlich<br />
zahlreiche Vorgaben und Zahlungsausschlussgründe.<br />
So wird Factoring<br />
beispielsweise überwiegend „ganz<br />
oder gar nicht“ vereinbart: Entweder<br />
man verkauft alle Forderungen an alle<br />
Kunden an den Factor oder gar keine.<br />
Der Verkauf einzelner Forderungen<br />
ist zwar rechtlich möglich, wird aber<br />
von Factoring-Gesellschaften im Normalfall<br />
nicht akzeptiert („Rosinentheorie“).<br />
7. Warenkreditversicherung<br />
Die Warenkreditversicherung wird<br />
auch Forderungsausfallversicherung<br />
oder Delkredere-Versicherung genannt:<br />
Ein Finanz- oder Versicherungsdienstleister,<br />
der vor Abschluss<br />
der jeweiligen Einzelfallversicherung<br />
einen Schuldner auf Bonität prüft und<br />
diesen dann bis zu einer bestimmten<br />
Höchstsumme (Linie) versichert,<br />
zahlt bei einem Ausfall (Zahlungsunfähigkeit)<br />
in der Regel zwischen<br />
70 und 80 Prozent der Forderungssumme.<br />
Marktführer in diesem Bereich<br />
sind Euler Hermes, CoFace<br />
Deutschland und Altradius. Solche<br />
Dienstleistungen werden aber auch<br />
von Versicherungsunternehmen angeboten.<br />
Auch in diesem Fall gilt es, das<br />
Kleingedruckte genau zu prüfen und<br />
die Anbieter zu vergleichen.<br />
8. Sonderfall: Auslandsgeschäft<br />
Auslandsgeschäfte sind mit Blick auf<br />
die Absicherung der eigenen Forderungen<br />
ein Sonderfall. Wichtiges Instrument<br />
in diesem Kontext ist die<br />
staatliche Export-Kreditversicherung.<br />
Für solche Export-Kreditgarantien hat<br />
sich umgangssprachlich die Bezeichnung<br />
„Hermes-Deckung“ entwickelt.<br />
Im Namen und im Auftrag der Bundesrepublik<br />
Deutschland machen das<br />
die Euler Hermes Deutschland AG<br />
und die PwC AG. Diese Form der<br />
Absicherung ist nach Risikoarten, Produktarten<br />
etc. zu unterscheiden und<br />
kostet Gebühren und Prämien.<br />
Info:<br />
Auch über die genannten Methoden<br />
hinaus gibt es weitere Sicherungsformen.<br />
Wichtig ist es, für jeden Einzelfall<br />
genau zu prüfen, ob Sicherheiten<br />
beim Kunden vorhanden sind<br />
und ob man bei Vertragsabschluss<br />
solche Sicherheiten durchsetzen kann.<br />
DER AUTOR<br />
Dr. Helmut Bäumer,<br />
Rechtsanwalt<br />
Lokale <strong>Wirtschaft</strong>snews · www.wirtschaft-<strong>aktuell</strong>.de<br />
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