BOR_II-2013 - Wirtschaft aktuell online
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WA: Was können Unternehmen tun, die<br />
dafür nicht unbedingt viel Geld investieren<br />
wollen oder können?<br />
Vallée: Auch die Politik hat den von<br />
mir angesprochenen Handlungsbedarf<br />
erkannt, sodass es heute eine Fülle<br />
an Förderprogrammen gibt. Was das<br />
angeht, lohnt sich der Dialog mit den<br />
Kammern oder den regionalen <strong>Wirtschaft</strong>sförderungsgesellschaften,<br />
um<br />
einen Überblick über die Programme<br />
zu bekommen. Eine weitere wichtige<br />
Säule ist die Zusammenarbeit mit<br />
den Hochschulen vor Ort. Dort gibt<br />
es neben dem breiten Wissen für die<br />
Unternehmen auch nutzbare Ressourcen.<br />
Auch wir als Fachhochschule<br />
Münster sind beispielsweise sehr anwendungsnah<br />
aufgestellt. Die Unternehmen<br />
müssen jedoch die Scheu<br />
vor den Forschern ablegen und sich<br />
über die Fülle an möglichen Formen<br />
der Zusammenarbeit informieren.<br />
Wir haben in Münster unter anderem<br />
das Institut für Prozessmanagement<br />
und Logistik (IPL) gegründet, und<br />
somit unsere Kompetenzen in diesem<br />
Segment gebündelt. Von A wie<br />
Absolventen-Vermittlung über Kleingruppenprojekte<br />
bis Z wie zertifizierte<br />
Weiterbildungsangebote reichen hier<br />
die Dienstleistungen. Wir gehen als<br />
Hochschule aber auch in die Region.<br />
In Coesfeld arbeiten wir beispielsweise<br />
Anzeige<br />
im Kompetenzzentrum Geschäftsprozessmanagement<br />
gemeinsam mit der<br />
heimischen <strong>Wirtschaft</strong>.<br />
WA: Können auch Kooperationen mit<br />
anderen Unternehmen einen Mehrwert<br />
bringen?<br />
Vallée: Im Grunde ist es sehr einfach.<br />
Je volumenreicher die Materialströme<br />
sind, desto eher lassen sich Optimierungspotenziale<br />
identifizieren und<br />
heben. Der Ansatz, Ressourcen im<br />
Rahmen einer Kooperation zu bündeln<br />
und zu teilen, ist vor diesem<br />
Hintergrund für Unternehmen durchaus<br />
sinnvoll. Lassen Sie mich das an<br />
einem konkreten Beispiel verdeutlichen:<br />
Wir arbeiten derzeit in einem<br />
Forschungsprojekt mit drei Lebensmittelproduzenten<br />
aus dem Münsterland<br />
zusammen, die zukünftig einen<br />
Teil ihrer Endprodukte gemeinsam zu<br />
den Händlern transportieren wollen.<br />
Erste Simulationsrechnungen haben<br />
eindeutig gezeigt, dass so positive<br />
ökonomische und ökologische Effekte<br />
TITELSTORY<br />
entstehen. Allerdings sind dafür zahlreiche<br />
weiche Faktoren wie Vertrauen<br />
oder die gerechte Gewinnverteilung<br />
unerlässlich. Daher kann es in der<br />
Konzeptions- und Gründungsphase<br />
sinnvoll sein, eine neutrale Instanz<br />
ins Boot zu holen. Eine Rolle, die wir<br />
als Fachhochschule aus meiner Sicht<br />
hervorragend ausüben können. Es gibt<br />
aber auch noch eine andere Dimension<br />
der Kooperationen.<br />
WA: Welche ist das?<br />
Vallée: Dabei handelt es sich um Kooperationen<br />
in einer Wertschöpfungskette,<br />
in der Lieferanten unterschiedlicher<br />
Stufen zusammenarbeiten. So<br />
müssen zum Beispiel die Entwickler<br />
eines Produktes samt der dazugehörigen<br />
Verpackung bereits bei der<br />
Planung an die Entsorgung denken.<br />
Mit anderen Worten: Wir müssen in<br />
sogenannten Supply Chains (Anm.<br />
d. Red. Lieferketten) denken, vom<br />
ersten Lieferanten bis zum Endkunden.<br />
Wenn die Entwickler in diesem<br />
Bereich kooperativ zusammenarbeiten<br />
und offen Informationen austauschen,<br />
können Bestände gesenkt,<br />
Lieferzeiten verkürzt und Verschwendungen<br />
vermieden werden. Kurzum:<br />
Nicht mehr ein Unternehmen alleine<br />
gewinnt den Wettbewerb, sondern die<br />
beste Supply Chain.<br />
Top-Führungskräfte aus dem Münsterland<br />
WA: Sie haben das Kompetenzzentrum<br />
„Geschäftsprozessmanagement“ der Fachhochschule<br />
Münster am Studienort Coesfeld<br />
bereits angesprochen. Vor wenigen<br />
Wochen haben dort knapp 50 Unternehmensvertreter<br />
erfolgreich ihre Fortbildung<br />
zum Prozessmanager absolviert. Was genau<br />
haben die Teilnehmer in dieser Fortbildungsreihe<br />
gelernt?<br />
Vallée: Das Besondere an diesem<br />
zertifizierten Weiterbildungslehrgang<br />
war, dass er in Workshops mit<br />
Vertretern der <strong>Wirtschaft</strong> und der<br />
Fachhochschule sowohl inhaltlich als<br />
auch didaktisch gemeinsam entwickelt<br />
wurde. So konnten die Bedürfnisse<br />
der Praxis explizit berücksichtigt werden.<br />
Konkret gab es zunächst eine<br />
Einführung in das GPM (Anm. d.<br />
Red.: Geschäftsprozessmanagement),<br />
es gab Informationen zur konkreten<br />
Unternehmensstrategie und es ging<br />
um die Organisation und Modellierung<br />
von Geschäftsprozessen, aber<br />
auch um deren Optimierung Auch die<br />
Faktoren Workflow- und Dokumen-<br />
52 <strong>Wirtschaft</strong> <strong>aktuell</strong> GES <strong>II</strong>/<strong>2013</strong>