BOR_II-2013 - Wirtschaft aktuell online
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TITELSTORY<br />
Karl Engelhard,<br />
Generalbevollmächtigter Hellmann<br />
lung hat auch die Historie des Unternehmens<br />
geprägt. Vom Ein-Mann-<br />
Betrieb, der einst mit einem Pferdefuhrwerk<br />
Pakete rund um die Stadt<br />
ausgetragen hat, hat sich Hellmann<br />
heute zum weltweit tätigen Logistikdienstleister<br />
entwickelt, der verschiedene<br />
Aufgaben in der Logistikkette<br />
von der Kommissionierung bis hin<br />
zur Distribution für seine Kunden<br />
übernimmt. Nach 1945 begann der<br />
Ausbau des europäischen Geschäfts,<br />
1982 folgte mit der Eröffnung einer<br />
eigenen Niederlassung in Hongkong<br />
der Schritt Richtung Asien und damit<br />
der endgültige Einstieg in das internationale<br />
Luft- und Seefrachtgeschäft.<br />
Heute führt Jost Hellmann das Unternehmen<br />
gemeinsam mit seinem Vetter<br />
Klaus in der vierten Generation.<br />
Starken Einfluss auf die Logistik<br />
haben aus Sicht des Generalbevollmächtigten<br />
Engelhard vor allem die<br />
Entwicklung zur Dienstleistungs- und<br />
Informationsgesellschaft, die unternehmensübergreifende<br />
Prozessorientierung<br />
sowie der Fortschritt bei<br />
Informations- und Kommunikationssystemen.<br />
„Das einzig Beständige an<br />
der Logistik ist ihr stetiger Wandel.<br />
Den damit verbundenen Herausforderungen<br />
müssen wir gerecht werden,<br />
indem wir ein unternehmensübergreifendes<br />
Netzwerk- und Prozesskettenmanagement<br />
betreiben und mehr<br />
Dienstleistungen aus der Logistikkette<br />
übernehmen“, ist er überzeugt.<br />
Allein den reinen Transport von Waren<br />
von A nach B zu betreiben, sei<br />
heute zwar vereinzelt noch möglich,<br />
aber: „Es handelt sich dabei um ein<br />
rein preisgetriebenes Geschäft – am<br />
Ende überlebt der, der am billigsten<br />
Anzeige<br />
anbieten kann“, macht Engelhard<br />
klar. Hellmann hat daher über den<br />
Transport hinaus weitere Dienstleistungen<br />
in das Portfolio aufgenommen,<br />
die viele Kunden nicht selbst<br />
übernehmen können oder wollen,<br />
wie zum Beispiel die Kommissionierung<br />
oder die Entsorgung. „Auf<br />
diese Weise versuchen wir, den allgegenwärtigen<br />
Preiskampf im Transport<br />
zu umgehen“, erklärt der Generalbevollmächtigte.<br />
Für seine Kunden ist<br />
eine gut funktionierende Logistik mit<br />
kurzen Auftragsabwicklungszeiten ein<br />
ausschlaggebender Erfolgsfaktor. „Die<br />
Anforderung, dass die bestellte Ware<br />
besser gestern als heute beim Empfänger<br />
ankommt, ist in den vergangenen<br />
Jahren extrem gewachsen. Dabei ist<br />
es auch völlig unerheblich, ob man<br />
sich im Geschäfts- oder Endkundenbereich<br />
bewegt“, weiß er.<br />
Um die Prozesse innerhalb des Unternehmens<br />
stetig zu verbessern, arbeitet<br />
Hellmann nach dem KVP-Prinzip, also<br />
dem sogenannten kontinuierlichen<br />
Verbesserungsprozess. Das heißt: Die<br />
Mitarbeiter achten in ihrem zuständigen<br />
Bereich auf Missstände und<br />
machen auf Verbesserungspotenziale<br />
aufmerksam. Gemeinsam mit geschulten<br />
KVP-Managern werden die<br />
jeweiligen Situationen dann analysiert,<br />
diskutiert und Lösungen erarbeitet,<br />
um den Prozess zu optimieren.<br />
Die Arbeitsabläufe optimieren sollen<br />
bei Hellmann auch neue Technologien.<br />
„Spannend ist die stetig vorangehende<br />
Digitalisierung vieler Prozesse,<br />
die in vergangenen Tagen noch<br />
klassische Handarbeit waren. Die<br />
RFID-Technik, also die automatische<br />
Identifizierung und Lokalisierung<br />
von Gegenständen über elektromagnetische<br />
Wellen, ist eine echte Arbeitserleichterung,<br />
von der wir <strong>aktuell</strong><br />
besonders im Bereich der Erkennung<br />
von Sendungen oder Fracht in der<br />
Mode- und Textillogistik profitieren“,<br />
erläutert Engelhard.<br />
Mehr als 6.000 Lkw sind derzeit weltweit<br />
für Hellmann im Einsatz, ein<br />
Großteil davon wird von Subunternehmern<br />
gefahren. Dabei kommt<br />
dem Logistiker die Lage des Standortes<br />
in Osnabrück entgegen: „Die<br />
Stadt liegt im Nord-Süd- und im<br />
West-Ost-Fernstraßennetz Europas<br />
an exponierter Stelle. Osnabrück und<br />
auch die Region wird überall berührt,<br />
Top-Führungskräfte aus dem Münsterland<br />
auf der Straße, auf der Schiene und<br />
auch auf dem Wasser“, betont Engelhard<br />
und ergänzt: „Nach der niedersächsischen<br />
Landtagswahl und dem<br />
Wechsel zu Rot-Grün bleibt nun abzuwarten,<br />
wie es bei einigen wichtigen<br />
Infrastrukturprojekten in der Region<br />
weitergeht. Selbstverständlich befürworten<br />
wir den sechsspurigen Ausbau<br />
der A 1 oder auch den Lückenschluss<br />
der A 30 bei Bad Oeynhausen. Prognosen<br />
gehen davon aus, dass der<br />
Güterverkehr bis 2025 insgesamt um<br />
70 Prozent steigen wird. Dafür gilt es<br />
jetzt, die richtigen Weichen zu stellen<br />
und Entscheidungen nicht auf die<br />
lange Bank zu schieben.“<br />
Um darüber hinaus den eigenen<br />
Fuhrpark für die Zukunft aufzustellen,<br />
beschäftigt sich Hellmann derzeit<br />
mit dem alternativen Treibstoff LNG,<br />
also Flüssigerdgas, für Lkw. „Für die<br />
Zukunft der klassischen Landverkehre<br />
ist die Effizienz des Fuhrpark natürlich<br />
von elementarer Bedeutung“,<br />
begründet der Geschäftsführer das<br />
Engagement. Die ersten Testläufe mit<br />
dem neuen Sprit seien positiv verlaufen,<br />
sodass das Unternehmen noch in<br />
diesem Jahr eine erste eigene LNG-<br />
Tankstelle in Betrieb nehmen und<br />
entsprechende Fahrzeuge anschaffen<br />
will. Die Planungs- und Genehmigungsprozesse<br />
dafür laufen bereits.<br />
Außerdem beteiligen sich die Osnabrücker<br />
an einem <strong>aktuell</strong> laufenden<br />
Feldversuch, um extralange Lkw, sogenannte<br />
Gigaliner oder Euro-Combi,<br />
zu testen. „Dem Lang-Lkw sprechen<br />
wir großes Potenzial zu. Zwei dieser<br />
Fahrzeuge können drei herkömmliche<br />
Lkw ersetzen und dabei bis<br />
zu 30 Prozent Treibstoff und Emissionen<br />
sparen“, betont Engelhard.<br />
Hinzu komme die Entlastung auf den<br />
Straßen. Wichtig ist aus seiner Sicht<br />
daher jetzt, dass sich „<strong>Wirtschaft</strong> und<br />
Politik gemeinsam um Aufklärung<br />
bemühen und den Lang-Lkw nicht<br />
als das unsichere Ungetüm dastehen<br />
lassen, das er in keinem Fall ist.“<br />
Ernsting´s family optimiert interne<br />
Logistikprozesse<br />
Die Optimierung der internen Logistikprozesse<br />
stand in den vergangenen<br />
Monaten am Hauptsitz des<br />
Textilunternehmens Ernsting‘s family<br />
in Coesfeld-Lette im Vordergrund.<br />
Thomas Hoffmann,<br />
Projektleiter Ernsting´s family<br />
42 <strong>Wirtschaft</strong> <strong>aktuell</strong> GES <strong>II</strong>/<strong>2013</strong>