Fukushima Reader_MJW200213_SB Logo - Internationales Bildungs
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Es gibt es in Japan zum Beispiel häufig Geldgeschenke an die Politik von Seiten der Industrie<br />
und während des Wahlkampfes schickt Tepco viele Hilfskräfte, die dann unter anderem in<br />
den Büros der Politiker als Helfer arbeiten.<br />
Was Sie erzählen, erinnert ein wenig an die italienische Mafia-Organisation…<br />
Zum Mafia-Vergleich kann ich sagen, dass die „Yakuza“ seit vielen Jahren Leiharbeiter an die<br />
Atomkraftwerke vermitteln, das sind zum Teil ehemalige Gefängnisinsassen, die auf dem<br />
Arbeitsmarkt sonst keine Jobs bekommen. Außerdem haben wir in Japan eine enge<br />
Verflechtung zwischen den Eliten des Landes und dem Tepco-Konzern. „Amakudari“ wird bei<br />
uns eine gängige Praxis genannt. Das bedeutet: „Vom Himmel herabgestiegen“ und heißt im<br />
Klartext, dass viele leitende Beamte in der Justiz- und Finanzverwaltung Japans nach ihrem<br />
Ausscheiden aus dem Staatsdienst lukrative Posten bei Tepco erhalten. Das sind zweifellos<br />
die Schattenseiten unserer Wirtschaft und Politik.<br />
Japan ist ein stark erdbebengefährdetes Land. Trotzdem setzt die Regierung auf<br />
Atomkraft. Der „Reaktor Vier“ in <strong>Fukushima</strong> wird aber voraussichtlich ein neues Erdbeben<br />
nicht überstehen, sagen Experten. Vor Ort lagern dort aber noch 1.300 Brennstäbe. Wie<br />
beurteilen Sie die Gefahr einer Kettenreaktion?<br />
Nicht nur viele Experten, auch viele meiner Journalistenkollegen teilen die Befürchtung, dass<br />
der „Reaktor Vier“ in <strong>Fukushima</strong> kein weiteres Erdbeben überstehen würde. Viele Japaner<br />
wissen davon nichts, denn die Medien berichten darüber nicht. Die Regierung ist sich dieses<br />
Problems aber durchaus bewusst. Ich habe einen internen Bericht der japanischen Regierung<br />
vom vergangenen März bei mir. Darin steht, dass bei einer Kernschmelze im „Reaktor Vier“<br />
das ganze Gebiet im Umkreis von 250 Kilometern unbewohnbar würde und dass dieses<br />
Gebiet komplett evakuiert werden müsste.<br />
Wie geht es in <strong>Fukushima</strong> weiter? Es gibt Befürchtungen, dass dort bald keine Fachkräfte<br />
mehr eingesetzt werden können, weil bereits alle ihr Maximum an ertragbarer<br />
Strahlendosis erreicht haben?<br />
Ja diese Befürchtungen teile ich auch. Es ist mir aber zu Ohren gekommen, dass der<br />
Verantwortliche für die Gesundheitskontrolle im AKW <strong>Fukushima</strong> die Mitarbeiter gar nicht<br />
mehr ausreichend auf die Strahlenbelastung untersuchen lässt. Das wäre in der Tat<br />
fahrlässig.<br />
Geht die japanische Regierung verantwortlich mit den Grenzwerten in den evakuierten<br />
Gebieten um? Der Bevölkerung wurde ja teilweise schon gesagt, die Gefahr sei vorbei, das<br />
verstrahlte Gebiet sei dekontaminiert und die Menschen könnten bereits zurückkehren in<br />
ihre alten Häuser?<br />
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