Fukushima Reader_MJW200213_SB Logo - Internationales Bildungs
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Lebensmitteln wie Spinat, Pilzen, Bambussprossen, Tee, Pflaumen, Fisch und Milch aus<br />
<strong>Fukushima</strong> und angrenzenden Regionen wurden unzulässig hohe Radioaktivitätswerte<br />
gemessen.<br />
Anfang Juli erst gaben die Tokioter Behörden bekannt, dass erstmals seit April wieder<br />
niedrige Dosen radioaktives Cäsium-137 im Kranwasser der Hauptstadtbewohner enthalten<br />
sind. Davor war es verseuchtes Weideland, 60 Kilometer von <strong>Fukushima</strong> entfernt, auch<br />
verseuchter grüner Tee aus der Präfektur Shizuoka wurde kürzlich entdeckt, die noch südlich<br />
von Tokio liegt. Die Regierung behauptet, verstrahlte Produkte kämen nicht mehr in den<br />
Handel. Doch es gibt erhebliche Zweifel daran, dass das stimmt. Die Nachrichtenagentur<br />
Bloomberg etwa zitiert unwidersprochen einen Offiziellen der japanischen<br />
Sicherheitsbehörden mit Namen Taku Ohara. Er sagt, es gebe kein zentrales Prüfsystem,<br />
kleine Farmen würden überhaupt nicht getestet. „Es sind einfach zu viele.“<br />
Tokio, ein Moloch mit etwa 17 Millionen Einwohnern, liegt in diesen Tagen unter einer<br />
feuchten Dunstglocke versteckt, die viel Regen bringt, aber wenig Abkühlung. Das<br />
Thermometer zeigt 32 Grad bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Bereits kurze Wege im Anzug<br />
oder im Kostüm werden zur Qual. Das sind Japaner gewöhnt. Aber dieses Jahr ist alles<br />
anders.<br />
In den U-Bahnen beginnt bereits die Fassade der Normalität zu bröckeln. Die Klimatisierung<br />
ist heruntergefahren, die früher extreme Abkühlung fehlt. Tokio muss Strom sparen, denn<br />
der bevorstehende Sommer droht in Teilen des Landes die Kapazitäten der Kraftwerke zu<br />
überfordern. Nicht nur die Meiler in <strong>Fukushima</strong> wurden nach dem Super-Gau<br />
heruntergefahren. Insgesamt liegen zurzeit 35 der 54 Kernkraftwerke still. Es gibt Streit<br />
zwischen Zentralregierung und lokalen Politikern, ob die Meiler sicher genug sind, um<br />
wieder hochgefahren zu werden.<br />
Um Abhilfe gegen die Hitze zu schaffen, hat die Regierung mittlerweile die Zeit des „Super<br />
Cool Biz“ ausgerufen. Wer will, darf nun auch in Poloshirt und Sneakers ins Büro kommen,<br />
dafür werden Räume und Bahnen nur noch auf 28 Grad heruntergekühlt. Kaum jemand in<br />
der von Konformität lebenden japanischen Gesellschaft wagt sich jedoch an dieses staatlich<br />
erlaubte Entkleiden.<br />
Doch wenn es um die Sorge vor radioaktiver Verstrahlung geht, nehmen sie das nicht mehr<br />
hin. In der Präfektur Chiba, an der Grenze zu Tokio, haben besorgte Eltern vor kurzem<br />
angefangen, ihre eigenen Messungen durchzuführen, berichtet die japanische Zeitung<br />
„Yomiuri“. Hier hat auch die Japanerin Yuki Sasaki ihre Tochter im Kindergarten. Dort haben<br />
die Verantwortlichen kurzerhand die Erde abgetragen, weil sie mit 0,52 Microsievert pro<br />
Stunde oder 4,55 Millisievert pro Jahr weit über dem für Menschen zulässigen Jahreslevel<br />
von einem Millisievert lag. In der Präfektur Saitama ist mittlerweile das einzige ausleihbare<br />
Strahlen-Messgerät bis Ende August ausgebucht.<br />
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