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6.4 Takashi Uesugi: „Die Lüge hat System“<br />
Takashi Uesugi, in Japan ein bekannter Journalist, hat sich mit Tepco, dem Betreiber des<br />
Atomkraftwerks in <strong>Fukushima</strong> angelegt. Auf einer Vortragsreise in Deutschland berichtet er über die<br />
japanische Vertuschungspolitik.<br />
Deutsche Welle: Als Sie im japanischen Sender TBS (Tokyo Broadcasting System) vor mehr<br />
als einem Jahr darüber berichteten, dass in <strong>Fukushima</strong> aus Reaktor 3 Radioaktivität<br />
austritt, wurden sie gefeuert. Warum ist das passiert?<br />
Takashi Uesugi: In meiner Fernseh-Sendung vom 11. März 2011 habe ich Tepco aufgefordert die<br />
Vertuschung zu beenden und die Bewohner wahrheitsgemäß zu informieren. Daraufhin wurde ich<br />
zum Chef gerufen, der mir mitteilte, dass ich gefeuert sei. Ich habe mehrfach nach dem Grund<br />
gefragt. Schließlich war mein Vertrag als Moderator gerade zwei Wochen zuvor verlängert worden.<br />
Mein Chef verwies auf die Anweisung seines Vorgesetzen. Der teilte mir zwei Wochen später in<br />
einem Brief mit, es handele sich um eine normale Beendigung des Vertrages. Meine Sendung und<br />
eine weitere Sendung wurden inzwischen eingestellt und 28 Mitarbeiter entlassen.<br />
Wo sehen Sie die Verbindung zur Betreiberfirma Tepco?<br />
Allmählich ist mir klar geworden, dass jeder, der eine kritische Sicht auf Tepco hat, aus dem<br />
Mediensystem ausgeschlossen wird. Das ist nicht nur mir, sondern auch anderen Journalisten<br />
passiert und das ist offenbar schon seit 50 Jahren so. Die Stromgesellschaften verfügen über große<br />
Etats für Medien und Kontaktpflege. Auch der japanische Presseclub, der Kisha Club, profitiert davon.<br />
Der Geschäftsführer von Tepco nimmt Journalisten und weibliche Begleitung mit auf Reisen, zum<br />
Beispiel nach China. Man wohnt dort in Luxushotels und speist in Spitzenrestaurants. Kritik an Tepco<br />
wird in der Regel mit dem Ausschluss aus dem Club bestraft.<br />
Der Erdbebenforscher Katsuhiko Ishibashi hat bereits 1997 vor einer Atomkatastrophe<br />
durch Erdbeben gewarnt. Die Betreiber behaupteten dagegen, alle Atomkraftwerke in<br />
Japan seien absolut erdbebensicher. Das Wirtschaftsministerium teilte jahrelang diese<br />
Einschätzung der Atomlobby. Wie ist es heute?<br />
Das hat sich überhaupt nicht verändert. Und nicht nur Ishibashi, auch andere haben gewarnt. Aber<br />
der Kisha Club hat es stets verhindert, dass solche Warnungen in den japanischen Medien<br />
veröffentlicht wurden. Nicht nur Journalisten wurden entlassen. Eisaku Sato, der ehemalige<br />
Gouverneur der Präfektur <strong>Fukushima</strong> zum Beispiel, hat auf Grund eines Berichtes von General<br />
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