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In der Siedlung denken viele so - und Hangai wirkt zwischen ihnen wie ein fremder Vogel, der<br />
hoffnungsvolle Botschaften bringt. An seinen Lippen hängt zum Beispiel die Krankenschwester<br />
Tomoko Matsumoto, 36. Ihr Unbehagen in Sachen Radioaktivität konnte sie bisher nicht abschütteln.<br />
Sie kauft kein Gemüse mehr aus <strong>Fukushima</strong>, wegen ihrer vier Kinder, das jüngste ist ein Jahr alt. Und<br />
sie lauscht aufmerksam Hangais praktischer Lebenshilfe: keine Makrelenhechte, keine Forellen, keine<br />
Pilze und kein Wildschweinfleisch.<br />
Strahlenschutzraum im Keller<br />
Viele Menschen hier fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen. Die Politiker in Tokio hätten am<br />
liebsten nur Lebensmittel mit null Becquerel und erließen immer strengere Verordnungen, schimpft<br />
Hangai. Dabei seien null Becquerel Unsinn. Der menschliche Körper sei ohnehin mit strahlenden<br />
Substanzen belastet, Atomunfall hin oder her. Man nimmt über die Nahrung stets natürliche<br />
Radionuklide wie Kalium 40 auf, bestätigen Wissenschaftler. Im Schnitt liegt die natürliche<br />
Grundbelastung im Körper eines Erwachsenen bei etwa 8000 Becquerel.<br />
„Sie haben Katsurao verlassen, weil sie kein Wissen über Radioaktivität haben“, sagt Hangai. An<br />
einem runden Tisch will er Regierungsmitglieder, Wissenschaftler und Vertreter der<br />
Präfekturverwaltung zusammenbringen, um die Probleme <strong>Fukushima</strong>s zu lösen. Der Lehrer gefällt<br />
sich in der Rolle des Gemeinderetters. „Ich bin berühmt hier“, brummt er zufrieden.<br />
Hangais eigene Strahlenangst muss früher einmal beträchtlich gewesen sein. Im Keller seines Hauses<br />
baute er vor zwölf Jahren einen - mehr oder weniger - strahlensicheren Schutzraum ein. „Ich hatte<br />
Angst vor einem Raketenangriff aus Nordkorea auf Daiichi“, sagt er. „An einen Tsunami habe ich<br />
damals nicht gedacht.“ Zum Glück sei <strong>Fukushima</strong> diesmal mit einem blauen Auge davongekommen.<br />
Das müsse nun nur noch der Rest der Welt verstehen und nicht mehr alles, was aus dieser Präfektur<br />
komme, verteufeln.<br />
03.03.2012<br />
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/fukushima-fluechtlinge-einsamermissionar-in-der-strahlenzone-a-815549.html<br />
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