Fukushima Reader_MJW200213_SB Logo - Internationales Bildungs
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Anders als Deutschland haben wir auch unsere Rolle im Zweiten Weltkrieg bis heute nicht<br />
konsequent aufgearbeitet.<br />
Warum nicht?<br />
Es gibt keine wirklichen politischen Lager in Japan. Deshalb gibt es praktisch keine<br />
Kontroversen. Die Wirtschaft entwickelte sich lange gut, der Wohlstand stieg. Das hat alles<br />
andere in den Hintergrund gedrängt. Heute regieren nicht Politiker unser Land, sondern die<br />
Bürokratie. Die Bevölkerung sieht keinen Unterschied zwischen den beiden großen Parteien,<br />
den Liberaldemokraten (LDP) und der Demokratischen Partei (DPJ). Schließlich hat sich nach<br />
dem Regierungswechsel von der LDP zur DPJ 2009 nichts geändert.<br />
Und die Grünen?<br />
Wir wollen die Strukturen aufbrechen und Debatten anstoßen. Die wichtigsten Themen für<br />
uns sind Umweltpolitik und soziale Gerechtigkeit. Themen, mit denen sich die großen<br />
Parteien bisher nicht befasst haben. <strong>Fukushima</strong> ist ja nur ein Symbol für das Versagen der<br />
japanischen Politik. Auch die hohe Arbeitslosigkeit wird vernachlässigt.<br />
Wie stark ist Ihre Partei?<br />
Wir sind eine junge Partei, die erst 2008 aus verschiedenen grünen Bewegungen<br />
hervorgegangen ist. Seit der Katastrophe im vergangenen Jahr spüren wir Aufwind. Die<br />
Menschen haben das Vertrauen in die etablierten Parteien verloren, denn die Regierung hat<br />
in der Krise Informationen zurückgehalten. Umfragen zeigen, dass die Zahl der<br />
unentschlossenen Wähler steigt, derzeit sind es rund 30 Prozent. Ich gehe davon aus, dass<br />
die Hälfte davon mit den Grünen sympathisiert. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir 2013<br />
ins Parlament einziehen werden.<br />
Sie profitieren also vom schlechten Krisenmanagement der Regierung.<br />
Das ist es nicht allein. Die Wirtschaft hat über Jahrzehnte das gesellschaftliche Leben in<br />
Japan bestimmt. Ihr wurde alles untergeordnet, denn sie brachte Wohlstand und Sicherheit.<br />
Doch das gilt nun nicht mehr. Japan steckt seit langem in einer Krise, die Leute spüren, dass<br />
es keine Sicherheit mehr gibt. Sie wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Immer mehr<br />
sehnen sich auch nach einem anderen Lebensstil. Sie wollen über ihr eigenes Leben<br />
bestimmen und wieder im Einklang mit der Natur leben.<br />
Woran machen Sie den Unmut fest?<br />
Nach <strong>Fukushima</strong> hatten wir hier erstmals große Demonstrationen. Das zeigt doch, dass sich<br />
etwas bewegt – wenn auch langsam. Angesichts der politischen Gemengelage fühlen sich die<br />
Menschen aber weiter machtlos.<br />
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