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Zone zählte vor der Atomkatastrophe 58.000 Einwohner, jetzt leben trotz der Warnung vor<br />

Verstrahlung noch immer 28.000 Menschen dort. Die Verbliebenen sind amtlich<br />

aufgefordert, die Gegend zu verlassen oder sich nur im Inneren von Gebäuden aufzuhalten,<br />

was schon ein ziemlicher Unterschied ist, der kaum für Lebenssicherheit sorgt. Diese<br />

kryptische Anordnung soll in Kürze aufgehoben werden, vorausgesetzt, die betroffenen<br />

Ortschaften legen Pläne für eine Dekontaminierung vor. Allerdings weiß keiner, wie das<br />

gehen soll, niemand stellt Geld oder Leute dafür zur Verfügung. Wegen der unsicheren Lage<br />

haben Bürgermeister aus fünf betroffenen Orten gegen die Aufhebung der<br />

Evakuierungsempfehlung protestiert.<br />

Auch die Krankenschwester Furuuchi möchte eigentlich nicht zurück. Aber ihr Krankenhaus<br />

hat sie zur Rückkehr aufgefordert. Eine Umfrage der Universität von <strong>Fukushima</strong> unter<br />

ehemaligen Bewohnern einer Sperrzone zeigt, wie beunruhigt die Menschen sind und wie<br />

tief das Misstrauen gegenüber der Regierung sitzt. Nur fünf Prozent der Befragten<br />

antworteten, dass sie zurück in die alte Heimat gehen werden, sobald die Behörden die<br />

Region wieder für sicher erklären.<br />

Viele Betroffene haben den Verdacht, die Regierung wolle ihnen Normalität suggerieren.<br />

Diesen Eindruck vermittelte Mitte November auch die erste spektakuläre Pressetour in und<br />

um den havarierten Reaktor Nummer eins vom AKW <strong>Fukushima</strong>, die eher wie staatliche<br />

Propaganda als seriöse Information wirkte. Vermummte Journalisten in weißen<br />

Strahlenanzügen besuchten das ehemalige Fußballtrainingslager J-Village in Narahara, in<br />

dem rund 1000 „Helden von <strong>Fukushima</strong>“ untergebracht sind. „Seht mal, es ist alles wieder<br />

fast normal“, lautete die frohe Botschaft der Regierung.<br />

Schlimme Arbeitsbedingungen. Genau genommen ist es auch so: Während die Arbeiter in<br />

den zurückliegenden Monaten auf dem Boden geschlafen und nur Fertiggerichte bekommen<br />

haben, gibt es jetzt eine Kantine, Schlaf- und Waschgelegenheiten sowie moderne<br />

Strahlenmessgeräte. Trotzdem arbeiten viele Männer dort unter unzumutbaren<br />

Bedingungen, recherchierte die Zeitung „Japan Times“ am Rande der Informationsshow. Sie<br />

zitiert einen Gemeinderat aus dem nahegelegenen Iwaki, Hiroyuki Watanabe, der Betroffene<br />

befragt hat. Viele Arbeiter sind nicht von der Betreiberfirma Tepco direkt angestellt, sondern<br />

kommen von Subunternehmen oder sind Zeitkräfte ohne nennenswerten rechtlichen Schutz.<br />

Mehrere hätten nur mündliche Verträge, viele keine Gesundheits- und Jobversicherung.<br />

Das Desaster von <strong>Fukushima</strong> offenbart auch ein überraschend herzloses Japan, in dem man<br />

eigentlich mehr nationale Solidarität und Autorität erwartet hätte. So bekam das Tokioter<br />

Umweltministerium auf einen Hilferuf bereits von 23 Präfekturen eine klare Absage. Die<br />

Behörde sucht dringend Lagerstätten für kontaminiertes Erdreich aus der Unglücksregion<br />

Tohoku und hat sich aus mangelnder Hilfsbereitschaft im eigenen Land nun sogar an die<br />

internationale Gemeinschaft gewandt. Die Betroffenen fühlen sich in Stich gelassen oder<br />

hintergangen. Als in der Stadt <strong>Fukushima</strong> eine von der Regierung organisierte Konferenz zu<br />

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