09.03.2014 Aufrufe

Gestaltungsoptionen für die duale Organisation der Berufsbildung

Gestaltungsoptionen für die duale Organisation der Berufsbildung

Gestaltungsoptionen für die duale Organisation der Berufsbildung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Gestaltungsoptionen</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>duale</strong> <strong>Berufsbildung</strong> Expertise <strong>für</strong> Hans–Böckler–Stiftung<br />

Lernmilieus abgeschoben werden, in denen sie vor allem lernen, sich in einem so genannten<br />

Übergangssystem möglichst lange über Wasser zu halten.<br />

Tendenziell zeichnet sich ab, dass <strong>der</strong> betrieblich–berufliche Bildungstyp – auf <strong>der</strong> Basis einer<br />

horizontalen und nicht vertikalen Differenzierung von Arbeitsstrukturen – mit seinen anfor<strong>der</strong>ungsbezogenen<br />

Potenzialen <strong>der</strong> individuellen Kompetenzentwicklung dadurch beraubt wird,<br />

dass eine nicht–akademische Berufsausbildung nur noch leistungsschwächeren Schulabsolventen<br />

vorbehalten sein soll. Dies wird dann unvermeidlich, wenn vermehrt schulisch–berufliche<br />

Abschlüsse angeboten werden, <strong>die</strong> insofern <strong>für</strong> erfolgreiche Absolventen <strong>der</strong> Sekundarstufe I–<br />

Schulen im Prinzip interessant sind dürften, als sie <strong>die</strong> primär instruktive Lehrform mit eingeübten<br />

kognitiven Lernformen zu beantworten gewohnt sind.<br />

Dies erscheint angesichts von Analysen <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen realer Facharbeit kontraproduktiv,<br />

denn das, was selbst eine nur auf mittlerem Anspruchsniveau liegende Facharbeit an Kompetenzen<br />

voraussetzt, kann man we<strong>der</strong> durch ein akademisches Studium noch durch eine semi–<br />

akademische, rein schulische Ausbildung erlernen. 15<br />

Sollte bildungspolitisch ein Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zwischen dem betrieblich–beruflichen Bildungstyp und dem Erwerb anspruchsvoller beruflicher<br />

Kompetenzen aufgebaut werden, dann stellt sich <strong>die</strong> Frage, wie auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong><br />

angerissenen Charakterisierung durch <strong>die</strong> Arbeitsstrukturen A, B und C relevante Berufsprofile<br />

gestaltet und zur Basis von Qualifizierungsprozessen gemacht werden können. Ziel wäre dabei<br />

<strong>die</strong> Gestaltung eines Profils eines betrieblich-beruflichen Bildungstyps, <strong>der</strong> sich entwe<strong>der</strong><br />

auf <strong>die</strong> Kategorie A, B, o<strong>der</strong> C bezieht und bei dem <strong>die</strong> Arbeitsprozesszugänge im Mittelpunkt<br />

stehen. Für den Vermittlungsprozess bedingt <strong>die</strong>ses sowohl <strong>die</strong> Vermittlung von praktischem<br />

als auch theoretischem Wissen.<br />

Auf jene Gruppe <strong>der</strong> gering o<strong>der</strong> gar nicht Qualifizierten scheint sich <strong>die</strong> Bildungspolitik dadurch<br />

einstellen zu wollen, dass jenen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser Gruppe angehören, ein Angebot gemacht<br />

wird, das ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zwar verschafft, sie dort aber wegen eines<br />

schmalen Qualifikationszuschnitts auf einfache Tätigkeiten an schlecht entlohnten Arbeitsplätzen<br />

festlegt.<br />

Die Verfasser haben bereits festgestellt, dass eine »Analyse« von Arbeitsplätzen, <strong>die</strong> wenige und<br />

einfache Anfor<strong>der</strong>ungen an <strong>die</strong> Qualifizierung und Ausführung <strong>der</strong> verlangten Arbeit stellen,<br />

völlig unzureichend bleibt, wenn ihre Befunde eins–zu–eins in ein Berufsbild übersetzt werden.<br />

Wir halten es <strong>für</strong> einen erheblichen methodischen Fehler einer Analyse, bei <strong>der</strong> es auf <strong>die</strong><br />

Identifizierung von bildungs– und arbeitsmarkpolitisch relevanten Potenzialen des beruflichen<br />

Kompetenzerwerbs ankommt, aus <strong>der</strong> Feststellung geringer Anfor<strong>der</strong>ungen am Arbeitsplatz<br />

den Schluss zu ziehen, dass es deshalb nicht nötig sei, auf Bildung bezogene Kompetenzentwicklung<br />

zu setzen. Hier wird offensichtlich mit einem Bedarfsargument operiert, das seinem<br />

Wesen nach aktuell und damit in seiner Geltung außerordentlich begrenzt ausfällt. Schon<br />

deshalb sollte eine vorausschauende Bildungspolitik auf <strong>der</strong>gleichen Analysen nicht bauen.<br />

Wie begrenzt <strong>die</strong> Feststellung anspruchsloser Arbeit an Arbeitsplätze ist, <strong>die</strong> zu anspruchslosen<br />

Berufen führen sollen, zeigt <strong>die</strong> nähere Betrachtung des in unserer Kategorie C als routiniert–aufgabenbezogen<br />

benannten Facharbeitstyps. Er ist zwar auf vielfältige, aber trennscharfe<br />

Aufgabenzuschnitte ausgerichtet und kann auf sequenziell strukturierten Arbeitsanweisungen<br />

15<br />

Dort dominieren <strong>die</strong> Vermittlung von Wissen und <strong>die</strong> För<strong>der</strong>ung kognitiver Strukturen. Die komplexen<br />

Zusammenhänge des praktischen Wissens z.B. <strong>für</strong> <strong>die</strong> Inbetriebnahme von Anlagen o<strong>der</strong> <strong>die</strong><br />

Buchung einer Reise, wenn nicht den Normen in Katalogen gefolgt werden kann, spielen bei<br />

schulischem o<strong>der</strong> akademischen Lernen keine Rolle (vgl. Tutschner 2008).<br />

26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!