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Gestaltungsoptionen für die duale Organisation der Berufsbildung

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<strong>Gestaltungsoptionen</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>duale</strong> <strong>Berufsbildung</strong> Expertise <strong>für</strong> Hans–Böckler–Stiftung<br />

„learning by doing“. Trotzdem wird damit demonstriert, dass dem Lernen in Betrieben, vor<br />

allem dem arbeitsbezogenen Lernen in zunehmend mehr Län<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong> ein höherer Stellenwert<br />

eingeräumt wird. Die etablierte Form eines betrieblich-beruflichen Bildungstyps ist damit<br />

noch nicht erreicht, es werden jedoch erste Voraussetzungen da<strong>für</strong> geschaffen. Zudem werden<br />

durch solche Entwicklungen auch Hinweise gegeben, dass neben dem akademischen Lernen in<br />

Schulen und Hochschulen das Lernen in <strong>der</strong> realen Arbeitswelt nicht als überflüssig betrachtet<br />

wird. Ob und welche Systemwirkungen daraus resultieren ist eine an<strong>der</strong>e Frage.<br />

Die Tendenz mit aller Kraft eine Erhöhung <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>rendenzahlen zu verordnen, nur um in<br />

<strong>der</strong> internationalen Statistik aufzuholen, zielt am Kern des Problems vorbei. Wichtig <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> Unternehmen ist nämlich nicht, ob junge Leute über ein akademisches<br />

Zertifikat verfügen. Entscheidend ist vielmehr, dass <strong>die</strong> Arbeitskräfte „komplexe Fachkompetenzen“<br />

besitzen und <strong>die</strong>se flexibel in den Unternehmen einsetzen können. Lediglich<br />

auf <strong>die</strong> bildungspolitisch so verlockende Erhöhung <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>rendenzahl zu setzen, halten wir<br />

<strong>für</strong> ein fehlgehendes Konzept. Man handelt sich damit genau <strong>die</strong>jenigen Probleme ein, <strong>die</strong><br />

Län<strong>der</strong> mit einer hohen Akademikerquote zu beseitigen versuchen.<br />

Ein Indikator <strong>für</strong> <strong>die</strong> mangelnde Leistungsfähigkeit stärker akademisch ausgerichteter Bildungssysteme,<br />

Wissen und Kompetenzen zu vermitteln, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> berufliche Praxis eingebracht<br />

werden können, ist das Phänomen des so genannten »reverse transfer«: In vielen Bildungssystemen,<br />

in denen ein Großteil <strong>der</strong> Schulabsolventen einer Hochschulausbildung nachgehen,<br />

haben <strong>die</strong> Absolventen nach <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>nzeit Probleme einen Arbeitsplatz zu finden,<br />

<strong>der</strong> ihrer Qualifikation inhaltlich wie auch im Hinblick auf <strong>die</strong> hierarchische Schichtung innerhalb<br />

<strong>der</strong> Belegschaften entspricht. Das bedeutet, dass Hochschulabsolventen z. B. in England<br />

häufig ihre Erstanstellung zu wesentlich ungünstigeren Bedingungen erleben als z. B. ihre<br />

deutschen Counterparts. Dieser Sachverhalt ist allerdings bisher nur <strong>für</strong> wenige Berufsgruppen<br />

systematisch empirisch erforscht. Es gibt jedoch bereits Hinweise, dass in Deutschland <strong>die</strong><br />

neuen Bachelorabschlüsse als geringwertiger eingeschätzt werden als <strong>die</strong> früheren marktüblichen<br />

Diplome und Examen. Man kann vermuten, dass sich <strong>die</strong>s auf <strong>die</strong> Dotierung von Berufseinsteigern<br />

auswirkt. 20<br />

Darüber hinaus führt <strong>die</strong>s dazu, dass <strong>die</strong> »Bildungsmobilität« in solchen Systemen häufig auch<br />

»rückwärts gerichtet« ist. D. h. erfolgreiche Absolventen akademischer Ausbildungsgänge besuchen<br />

im Anschluss an <strong>die</strong> akademische Ausbildung Programme und Kurse an Institutionen,<br />

<strong>die</strong> nicht zu akademischen Abschlüssen führen, son<strong>der</strong>n auf <strong>die</strong> Vermittlung arbeitsmarktbezogener<br />

Qualifikationen (associate degrees, certificates, diplomas) ausgerichtet sind. Lei<strong>der</strong> gibt<br />

es nur spärliche Daten über solche Bildungskarrieren, da <strong>die</strong>se Bewegungen in <strong>der</strong> Bildungsberichterstattung<br />

nicht systematisch erfasst werden. Aus einer <strong>der</strong> wenigen Quellen zum Thema<br />

geht hervor, dass z. B. in Kanada <strong>der</strong> Anteil aller »gemessenen Bewegungen« von akademischen<br />

zu nicht–akademischen, <strong>für</strong> den Arbeitsmarkt qualifizierenden Institutionen fast genauso<br />

hoch ist wie umgekehrt. Über das Problem wird aus Australien, Kanada, Neuseeland und<br />

den USA berichtet. Das hängt auch damit zusammen, dass entgegen <strong>der</strong> den Bologna–Prozess<br />

begleitenden Programmatik <strong>der</strong> B.A.–Abschluss in <strong>der</strong> Regel nicht berufsbezogen o<strong>der</strong> gar<br />

-qualifizierend ist.<br />

20<br />

Rückwirkungen <strong>die</strong>ser Entwicklungen auf <strong>die</strong> Arbeitsplätze von Facharbeitern und <strong>die</strong> <strong>Berufsbildung</strong><br />

sollten genauer untersucht werden. Bisher liegt dazu <strong>für</strong> Deutschland kein Datenmaterial vor. Inzwischen<br />

gibt es jedoch ausreichend Absolventen von Bachelor-Stu<strong>die</strong>ngängen, um über <strong>die</strong> Untersuchung<br />

von Karriereverläufen zu aufschlussreichen Erkenntnissen kommen zu können.<br />

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