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Gestaltungsoptionen für die duale Organisation der Berufsbildung

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<strong>Gestaltungsoptionen</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>duale</strong> <strong>Berufsbildung</strong> Expertise <strong>für</strong> Hans–Böckler–Stiftung<br />

Berufliche Bildung muss zukünftig mit weitem Blick auf <strong>die</strong> vorherrschenden Typen von<br />

Facharbeit und auf räumlich weit gestaltete Arbeitsplätze hin gestaltet werden. Die Struktur<br />

mo<strong>der</strong>ner Arbeitsprozesse for<strong>der</strong>t eine prozessorientierte <strong>Berufsbildung</strong>, <strong>die</strong> sich an dem in<br />

<strong>die</strong>sen Arbeitsprozessen benötigten Wissen und Können orientiert.<br />

Dezentrale Arbeitsorganisation und horizontal integrierter Aufgabenzuschnitt sind <strong>die</strong> wesentlichen<br />

Charakteristika <strong>der</strong> neuen Produktionskonzepte. Zuvor getrennte Aufgaben werden zu<br />

integrierten Arbeitsplätzen zusammengelegt; menschliche Arbeit wird durch steigende Komplexität<br />

<strong>der</strong> Aufgaben und durch an Bedeutung zunehmendes <strong>Organisation</strong>swissen aufgewertet.<br />

Die Trennung in werkstattexterne Planung und Disposition einerseits und kompetenzarme<br />

Ausführung an<strong>der</strong>erseits verliert zugunsten einer produktiven Nutzung des Erfahrungslernens<br />

und Wissensaufbaus am Arbeitsplatz an Bedeutung. 26<br />

Eine Schlüsselfigur bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einführung und Verankerung von Produktionsintelligenz ist<br />

eine Produktionsfacharbeit bei <strong>der</strong> <strong>die</strong> Nutzung und Verarbeitung von Wissen erheblich an<br />

Bedeutung gewinnt. Zu dem Aufgabenspektrum in <strong>der</strong> Produktion gehören neben <strong>der</strong> Inbetriebnahme,<br />

Überwachung und Regulierung kompletter technischer Systeme auch (zumindest<br />

partiell) <strong>der</strong>en Wartung und Instandhaltung, <strong>die</strong> permanente Qualitätskontrolle und <strong>die</strong> Vorbereitung<br />

<strong>der</strong> eigenen Arbeit — bis hin zu gestaltungsbasierten und eigenständigen Beiträgen<br />

zur Produktverbesserung und Prozessoptimierung. Die Funktion des Facharbeiters besteht<br />

insgesamt aus <strong>der</strong> Gewährleistung des komplexen Produktionsprozesses und <strong>der</strong> Optimierung<br />

<strong>der</strong> automatisierten Abläufe. Damit verbunden sind höhere Anfor<strong>der</strong>ungen an selbständiges<br />

Problemlösungsverhalten, an Teamfähigkeit, an Flexibilität und Mobilität, an ein Denken und<br />

Handeln in vernetzen Systemen und Prozessen und an <strong>die</strong> Übernahme von Verantwortung.<br />

Ähnliche Herausfor<strong>der</strong>ungen gelten auch <strong>für</strong> Dienstleistungssektoren, bei denen vor allem <strong>die</strong><br />

Wissensverarbeitung deutlich zunimmt.<br />

Es zeichnet sich ab, dass <strong>die</strong> Antwort auf <strong>die</strong>se Entwicklung nicht sein kann, enge und verkürzte<br />

Qualifizierungsfragmente zu etablieren. Eher das Gegenteil sollte <strong>der</strong> Fall sein. Die breitere<br />

Nutzung <strong>der</strong> Produktionsintelligenz o<strong>der</strong> zunehmende Wissensverarbeitung führt auf dem<br />

Shop–floor zu einer Arbeitsgestaltung, <strong>die</strong> auf Aufgabenintegration und Selbstorganisation<br />

setzt, Einzelarbeit in Gruppenarbeit wandelt und <strong>die</strong> Fachkräfte selbst zu Rationalisierungsakteuren<br />

mit Planungs– und Optimierungsfunktionen macht. Daraus ist <strong>der</strong> Schluss zu ziehen,<br />

dass <strong>die</strong> Ausbildung weniger spezialisiert angelegt werden muss, um auf verän<strong>der</strong>te Arbeitsbedingungen<br />

schnell reagieren zu können.<br />

Lernen im Arbeitsprozess för<strong>der</strong>t Erfahrungslernen und wird durch systematisches Lernen (z.B.<br />

in <strong>der</strong> Schule) sinnvoll ergänzt. Erst wenn durch systematisches Lernen und Arbeitsprozesslernen<br />

Wissen und Kenntnisse verknüpft werden entsteht berufliche Handlungskompetenz auf<br />

hohem Niveau. Lernen im Arbeitsprozess eröffnet <strong>die</strong> Chance eines stärker selbstgesteuerten<br />

Lernens in authentischen Situationen.<br />

Dieses zeichnet das Lernen im Dualen System beson<strong>der</strong>s aus und es ist ohne Einschränkung<br />

zu empfehlen, <strong>die</strong>ses Lernen beizubehalten und es auf <strong>die</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen eines <strong>Berufsbildung</strong>s–PISA<br />

hin vorzubereiten. Erfahrungslernen durch Arbeitsprozessbezug ist eine Dimension,<br />

<strong>die</strong> in zahlreichen Län<strong>der</strong>n eine große Rolle spielt und oft als informelles Lernen disku-<br />

26<br />

Den Autoren ist <strong>die</strong> Diskussion um <strong>die</strong> Standardisierung von Arbeit in <strong>der</strong> Automobilproduktion<br />

Produktion bekannt. Im Gutachten wird davon ausgegangen, dass solche Entwicklungen nur einen<br />

geringeren Teil <strong>der</strong> Beschäftigten betreffen werden.<br />

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