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Gestaltungsoptionen für die duale Organisation der Berufsbildung

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<strong>Gestaltungsoptionen</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>duale</strong> <strong>Berufsbildung</strong> Expertise <strong>für</strong> Hans–Böckler–Stiftung<br />

bildeter Kompetenzen, <strong>die</strong> Beschäftigungsfähigkeit jeweils ausmachen. Die Ausbildung zum<br />

Arzt wäre analog zu <strong>die</strong>sem Ansatz nur dann zureichend untersucht und eingeschätzt, wenn<br />

Curricula und vor allem <strong>die</strong> Lehr– und Lernformen bis zum 2. (und früher 3.) Staatsexamen<br />

berücksichtigt würden. Insofern ist gleichgültig, nach welchem <strong>Organisation</strong>smodell und in<br />

welcher Verantwortung <strong>die</strong> jeweilige Phase <strong>der</strong> Bildung und Ausbildung liegt, entscheidend ist<br />

ihr Beitrag zur »Professionalisierung«, also zu dem, was <strong>die</strong> Berufsfähigkeit erst ausmacht.<br />

Umgekehrt schließt eine systemische Betrachtung aus <strong>die</strong>sem Blickwinkel ein, dass eine rein<br />

schulische Ausbildung aus theoretischen Gründen das Kriterium <strong>der</strong> Professionalisierung nicht<br />

erfüllen kann, weil sie bestenfalls zur späteren Professionalisierung beiträgt, aber <strong>die</strong>se nicht<br />

ersetzen kann.<br />

Zusätzlich bietet <strong>die</strong>se Herangehensweise den Vorteil, <strong>für</strong> einen Vergleich unterschiedlicher<br />

Systeme das Problem des Bezugspunktes zu lösen. Bei international ansetzenden Untersuchungen<br />

stellt sich <strong>die</strong> Frage, an welchem gemeinsamen Ziel bzw. Zweck sich <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Merkmale <strong>der</strong> Systeme und Institutionen bemessen lassen. Ein Rekurs auf <strong>die</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

an denen beruflich notwendige Kompetenzen entstehen, führt zu den beruflichen<br />

Aufgaben, <strong>die</strong> in entwickelten Industrielän<strong>der</strong>n in allen Sektoren anfallen, in denen qualifizierte<br />

Erwerbsarbeit stattfindet. Von beruflichen Aufgaben und nicht von systemischen Merkmalen<br />

auszugehen, ermöglicht damit zum einen den Vergleich <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> darauf<br />

bezogenen Systeme und führt zum an<strong>der</strong>en zu <strong>der</strong> Vorstellung von (europäischen) Kernberufen,<br />

<strong>die</strong> sich durch <strong>die</strong> Zahl überall gemeinsamer beruflicher Aufgaben definieren lassen. Möglich<br />

und wichtig ist eine Zuordnung solcher Aufgaben sowohl zur Wissenschaft, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Lösung<br />

einer Aufgabe in Reichweite brachte, als auch zu den Disziplinen ihrer Bearbeitung. Gesellschaftliche<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen schlagen sich in solchen Aufgaben nie<strong>der</strong>. Es ist dann eine<br />

Frage <strong>der</strong> Bildungsansprüche, wie damit umgegangen wird.<br />

Vor <strong>die</strong>sem Hintergrund ist im Gutachten <strong>der</strong> Gebrauch einiger sich als zentral herausstellen<strong>der</strong><br />

Begriffe zu sehen. Die Rede ist vom »Dualen System«, dem »<strong>duale</strong>n Prinzip des Lernens«<br />

und auch vom »erfahrungsbasierten Bildungstyp«. Das »<strong>duale</strong> System« als rechtliches Konstrukt<br />

wendet demnach das »<strong>duale</strong> Prinzip des Lernens« an, bei dem ein schulischer und betrieblicher<br />

Lernort in geordneter — nicht nur verrechtlichter — Form zusammen arbeiten.<br />

Durch den betrieblichen Lernort soll sichergestellt werden, dass neben schulischer Instruktion<br />

betriebliches Lernen zum Teil <strong>der</strong> beruflichen Bildung wird, weil <strong>die</strong>se Vielfalt des Lernens auf<br />

dem Wege <strong>der</strong> bloßen Instruktion nicht möglich ist. Da <strong>die</strong>ses <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach Bildungsprozessen<br />

am nächsten kommt und in Professionalisierung mündet, sprechen wir auch generell<br />

vom »betrieblich–beruflichen Bildungstyp«. Wesentlich ist dabei, dass sich betriebliche<br />

Ausbildung den Anfor<strong>der</strong>ungen des Berufs auf dem Niveau seiner professionellem Ausübung<br />

öffnet, denn berufliche Aufgaben werden in keiner Schule und keiner Universität professionell<br />

bearbeitet, son<strong>der</strong>n an <strong>die</strong>sen Orten werden sie allenfalls (aufwendig) didaktisch inszeniert. Für<br />

einen zureichenden beruflichen Kompetenzerwerb macht es einen erheblichen Unterschied,<br />

ob systemisch ein Lernen im Milieu des Berufs mit Bezug zu seinen Aufgaben und den da<strong>für</strong><br />

qualifizierten (professionalisierten) Fachkräften ermöglicht wird (wie beim betrieblich–<br />

beruflichen Bildungstyp) o<strong>der</strong> ob <strong>die</strong> primären Systemmerkmale in einer Ausbildungsorganisation<br />

bestehen, <strong>die</strong> durch Fächer, Curricula und Unterricht in einem Milieu festgelegt wird, das<br />

wesentlich von Lehrkräften geprägt ist (schulisch–beruflicher Bildungstyp).<br />

Wir haben damit — ohne das im vollen Umfang durch Forschung belegen zu können — einen<br />

empirischen Zugang zur Frage nach einem wünschenswerten <strong>Berufsbildung</strong>ssystem, das <strong>die</strong><br />

Ebenen von Bildung, Ausbildung und Erwerbsarbeit optimal verschränkt, eher eröffnet als<br />

durchschritten. Wenngleich sich <strong>die</strong>ser Zugang solange nur auf Annahmen stützen kann, bis<br />

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