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Gestaltungsoptionen für die duale Organisation der Berufsbildung

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<strong>Gestaltungsoptionen</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>duale</strong> <strong>Berufsbildung</strong> Expertise <strong>für</strong> Hans–Böckler–Stiftung<br />

Eine Beruflichkeit muss den technologischen, globalen, gesamtgesellschaftlichen, politischen<br />

und ökonomischen Verän<strong>der</strong>ungen und den daraus resultierenden Neuerungen gerecht werden<br />

und auf <strong>die</strong>se auch zurückwirken. Dieses wie<strong>der</strong>um for<strong>der</strong>t dazu heraus, nicht nur eine<br />

unternehmensnahe <strong>Berufsbildung</strong> zu gestalten, son<strong>der</strong>n den zukunftsfähigen betrieblich–<br />

beruflichen Bildungstyp auch interdisziplinär zu qualifizieren und <strong>die</strong> Erwerbsbiografien individueller<br />

zu gestalten, bei dem betriebliche Beteiligung durch ein Berufsordnungsverfahren<br />

legalisiert wurde. Dazu gehört auch, Lernen im Arbeitsprozess und im Kontext von Facharbeit<br />

und in Kooperation mit Fachkräften zu ermöglichen, <strong>die</strong> bereits hinreichend über jene Kompetenzen<br />

verfügen, welche das logische Ziel des beruflichen Bildungsprozesses darstellen. An<br />

<strong>die</strong>ser Stelle wird unter an<strong>der</strong>em <strong>die</strong> Begrenztheit des Arbeitsprozessansatzes überschritten, um<br />

gesellschaftlich relevante Dimensionen, <strong>die</strong> im Arbeitsprozess womöglich nicht zum Tragen<br />

kommen, mit zum Bildungsgegenstand zu machen.<br />

Diese Entwicklungen werden zur Konsequenz haben, dass <strong>die</strong> Eindeutigkeit <strong>der</strong> Berufe<br />

schwindet, ohne dass allerdings Berufe und berufliche Strukturen aufgegeben werden müssen.<br />

Die Dynamik in <strong>der</strong> Arbeitswelt und <strong>der</strong>en komplexere Strukturen üben jedoch erheblichen<br />

Druck auf <strong>die</strong> formale Bildung <strong>der</strong> Wissens- und Kompetenzentwicklung aus, so dass sich<br />

verstärkt <strong>die</strong> Frage stellt, ob zukünftig überhaupt noch ein stärkeres Heraustreten aus dem<br />

Arbeitsprozess möglich ist, um zu lernen o<strong>der</strong> ob — vor allem bei Wissensarbeitern — über<br />

Mitarbeiterkontakte, Foren, Suchmaschinen, Portale, Datenbanken u. a. verstärkt gelernt werden<br />

muss. Dies allerdings setzt aber mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> selbstständige Mitarbeiter voraus, <strong>der</strong>en<br />

überfachliche Fähigkeiten so wenig von Natur aus gegeben sind wie <strong>die</strong> fachlichen.<br />

Während sich <strong>der</strong>zeit mediale und technische, industrielle und soziale Entwicklungen exponenziell<br />

verän<strong>der</strong>n, resultieren <strong>die</strong> zur Diskussion stehenden Konflikte sehr stark auch daraus,<br />

dass <strong>die</strong> Bildungs- und <strong>Berufsbildung</strong>sstrukturen weitgehend aus <strong>der</strong> Zeit bis ca. 1930 stammen<br />

und <strong>die</strong> Menschen in <strong>der</strong> Regel immer noch linear und fachlich denken. Demgegenüber<br />

sind komplexere Arbeitsformen, <strong>die</strong> höhere Bildungs– und Qualifizierungsanfor<strong>der</strong>ungen stellen,<br />

auf dem Vormarsch — das belegen <strong>die</strong> Ausführungen zu den Facharbeitstypen. Eine Restrukturierung<br />

des <strong>Berufsbildung</strong>ssystems in Abstimmung mit dem allgemein bildenden Bildungssystem<br />

halten wir deshalb <strong>für</strong> unvermeidlich, ohne dass dadurch zwangsläufig eine vollzeitschulische<br />

<strong>Berufsbildung</strong> forciert werden muss.<br />

Abschließend wollen wir unseren Ausgangspunkt betonen, dass es allein zur Ordnung einer<br />

Berufsausbildung nötig ist, an einem Berufsbegriff festzuhalten, um Strukturen wie beispielsweise<br />

Berufscluster o<strong>der</strong> Lernfel<strong>der</strong> aufrechtzuerhalten. Dadurch werden komplexe Zusammenhänge<br />

<strong>der</strong> Arbeitswelt transparent und gleichzeitig wird sichergestellt, dass in <strong>der</strong> <strong>Berufsbildung</strong><br />

nicht allein auf situationsspezifische einzelbetriebliche Anfor<strong>der</strong>ungen reagiert wird,<br />

was zwangsläufig zu einer fragmentierten <strong>Berufsbildung</strong> führen würde. Gleichzeitig wird berufliches<br />

Wissen als Kapital <strong>für</strong> eine Gesellschaft und <strong>der</strong>en Funktionsbereiche gesehen. Der radikalen<br />

Individualisierungsdiagnose von Ulrich Beck (2003), <strong>der</strong> den Berufsbegriff als biographische<br />

»Identifikationsschablone« als ausge<strong>die</strong>nt betrachtet und das Leitbild des »Selbstarbeiters«<br />

(Beck 2003) einführt, wird hier nicht gefolgt, weil damit jegliche Bildung zu allein subjektiven<br />

Interessen verkommt und gesellschaftliche Bezüge belanglos werden.<br />

Grundlegend <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ausführung ist, dass Berufe und Träger von Berufen sich nach wie vor<br />

durch Expertentum auszeichnen, das Erwerbstätige als ihren »Besitz« in <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />

einsetzen und zwar unabhängig von den Orten, an denen <strong>die</strong>ses Expertentum als Besitztum<br />

entstanden ist. Gleichzeitig führt das Expertentum zur betrieblichen Anerkennung und zu<br />

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