Umwege in Polygonen - Universität Bonn
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maximalen Eckpunktumweg u E P<br />
max . Ist u E P<br />
max > 2(ŷ − y), dann gibt es <strong>in</strong> (y 1 , . . . , y n ) zwei<br />
gleiche Zahlen, sonst nicht.<br />
Damit ist gezeigt, dass man, falls man den maximalen Eckpunktumweg e<strong>in</strong>es Polygons<br />
schneller als <strong>in</strong> Ω(n log n) berechnen könnte, auch das Problem Element-Uniqueness für<br />
ganze Zahlen schneller als <strong>in</strong> Ω(n log n) lösen könnte im Widerspruch zu dem e<strong>in</strong>leitend<br />
erwähnten Ergebnis aus [Yao89]. Dadurch ist der Beweis von Lemma 9.1 abgeschlossen. □<br />
Es sei an dieser Stelle noch auf e<strong>in</strong>e mögliche Kritik am benutzten Beweisverfahren<br />
e<strong>in</strong>gegangen. Die Ungleichung (70) erzw<strong>in</strong>gt unter Umständen die Wahl e<strong>in</strong>es sehr hohen<br />
Wertes für ŷ. Denn der Nenner konvergiert für steigende n gegen 0, während der Zähler<br />
immer größer als y − y + 1/2 bleibt. Dadurch kann es se<strong>in</strong>, dass der Algorithmus A, der den<br />
maximalen Eckpunktumweg des konstruierten Polygons bestimmt, mit grossen Zahlenwerten<br />
umgehen muss.<br />
Im algebraischen Entscheidungsbaummodell wird aber die Größe der auftretenden Zahlen<br />
nicht berücksichtigt. Das Ausrechnen von Polynomen e<strong>in</strong>er gewissen Ordnung d wird<br />
unabhängig von der Größe der für die Variablen e<strong>in</strong>gesetzten Werte als e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Rechenschritt<br />
angesehen. Man könnte sich nun fragen, ob diese dem Modell <strong>in</strong>härente Annahme<br />
hier noch gerechtfertigt ersche<strong>in</strong>t. Die Frage ist sicherlich ernst zu nehmen.<br />
E<strong>in</strong>e ähnliche Problematik entdeckten Kirkpatrick und Reisch <strong>in</strong> [DK84], als sie es schafften<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em RAM-Modell mit zusätzlichen Instruktionen <strong>in</strong> l<strong>in</strong>earer Zeit ganze Zahlen zu<br />
sortieren. Dieser und darauf folgende andere Ansätze ([FW93], [FW90], [AHNR98]) s<strong>in</strong>d<br />
möglich, weil <strong>in</strong> Zwischenergebnissen sehr hohe Zahlen verwendet werden, ohne dass dies<br />
e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die im Modell nötige Rechenzeit hat.<br />
Um diesen unrealistischen Ergebnissen entgegen zu treten, wurde für Algorithmen, die<br />
mit ganzen Zahlen umgehen, das Word RAM-Modell entwickelt (siehe [Hag98] und [FW93]),<br />
<strong>in</strong> dem die Bitzahl aller im Algorithmus vorkommender Zahlen auf e<strong>in</strong>e vorgegebene Wortlänge<br />
beschränkt ist. E<strong>in</strong> entsprechendes Vorgehen bei reellen Zahlen ist uns jedoch nicht<br />
bekannt. Dabei würde auch die Schwierigkeit auftreten, dass der zur Speicherung von reellen<br />
Zahlen notwendige Speicherplatz nicht nur von der Größe der Zahl, sondern <strong>in</strong> größerem<br />
Ausmaß von der gewünschten Genauigkeit abhängt.<br />
Kommen wir zurück zum hier konstruierten kammförmigen Polygon. ŷ steigt proportional<br />
1<br />
zu √<br />
1+ 1 −1. Durch kanonische Umformungen lässt sich zeigen, dass √ 1<br />
≤<br />
n 2 1+ 1<br />
n 2 −1 2n2 + 1<br />
ist, dass also ŷ nur quadratisch <strong>in</strong> n wächst. Im Abschnitt 9.4 werden wir für diesen Fall<br />
sogar e<strong>in</strong>en Reduktionsbeweis f<strong>in</strong>den, bei dem die Zahlengrößen nur l<strong>in</strong>ear <strong>in</strong> n steigen.<br />
Man könnte auch diesen E<strong>in</strong>fluss mit Sorge betrachten. Allerd<strong>in</strong>gs ist es wichtig zu erkennen,<br />
dass die Kritik sich nicht auf die Gültigkeit oder den Beweis von Lemma 9.1 bezieht,<br />
sondern dass sie e<strong>in</strong>e Schwäche des algebraischen Entscheidungsbaummodelles aufdeckt. E<strong>in</strong>e<br />
noch wesentlich praxisferner anmutende Eigenschaft dieses Modells führt Chen <strong>in</strong> [Che96]<br />
anhand e<strong>in</strong>es überraschenden Paradoxons vor. Es beruht im wesentlichen darauf, dass der<br />
Test auf Ganzzahligkeit dort nicht durchführbar ist.<br />
Bei aller Kritik sei aber nicht vergessen, dass die Beschränkung auf dieses Modell überhaupt<br />
erst die Aufstellung von aussagekräftigen unteren Schranken <strong>in</strong> der algorithmischen<br />
Geometrie ermöglicht hat. Die zusätzliche Berücksichtigung der Größe der E<strong>in</strong>gabewerte ist<br />
ohne Zweifel e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Idee. Sie würde aber den Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit<br />
sprengen.<br />
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